18.06.2024 12:57:04 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Wissing für bessere Pendler-Umstiege auf dem Land

(neu: Mit Greenpeace)

BERLIN (dpa-AFX) - Bundesverkehrsminister Volker Wissing wirbt für den
Ausbau von Umsteigeknoten auf dem Land, um Pendlern eine kombinierte Nutzung von
Auto und Bahn zu erleichtern. "Wir brauchen mehr attraktive
Umstiegsmöglichkeiten in der Fläche", sagte der FDP-Politiker der Deutschen
Presse-Agentur. "Die Länder könnten für sich überlegen, welche Standorte in
welchen Regionen für solche Umstiegs-Hubs am besten wären. Von dort könnten dann
Schienenverbindungen in die Metropolregion mit enger Taktung angeboten werden."
Mit dem günstigen Deutschlandticket könne man sich eine "Flatrate" für den
öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nun auch viel besser zusätzlich zum Auto
leisten.

Wissing sagte: "Es geht um Bahnhöfe, die Menschen aus der Umgebung gut
erreichen können." Dort müssten Parkplätze zur Verfügung stehen, eine gute
Bus-Anbindung, Radwege oder auch Fahrradparkhäuser und Ladestationen. "Ich bin
überzeugt, dass viel mehr Menschen dann den ÖPNV nutzen werden." Man könne es so
organisieren, dass sie nicht zwischen Auto oder ÖPNV entscheiden müssten,
sondern beides nutzen könnten. Umsteigepunkte wären im Inneren der Metropolen
schwieriger, weil es dort kaum Raum für Parkplätze oder Fahrradparkhäuser gibt.

Chance für CO2-Einsparungen

"Wir können erreichen, dass ein Pendler statt 100 Kilometer pro Strecke mit
dem Auto bis zur Arbeit vielleicht noch 20 oder 25 Kilometer zu einem
Umstiegs-Hub fährt", sagte Wissing. "Das wären dann bis zu 150 Kilometer weniger
pro Tag - ein riesiges CO2-Einsparpotenzial." Wenn ein Berufspendler auf dem
Land vom Auto umsteige, bewirke es für den Klimaschutz ein Vielfaches, als wenn
Berufspendler zum Beispiel in Berlin umsteigen. "Denn die fahren am Tag weniger
Kilometer."

Der Minister machte deutlich, dass das Deutschlandticket für 49 Euro im
Monat im ländlichen Raum eine starke Entlastung und Vereinfachung bringe, weil
es dort im Gegensatz zu urbanen Zentren kaum bezahlbare Flatrate-Tarife gegeben
habe. "Monatskarten für Pendler auf dem Land waren bisher viel teurer als in der
Stadt." Es brauche aber nicht nur eine Veränderung des Tarifs, sondern jetzt
auch eine Verbesserung des Angebots.

"Ich glaube, dass es in Deutschland dringend notwendig ist, dass wir die
Strukturen im ländlichen Raum auf mehr multimodalen Verkehr ausrichten", sagte
Wissing. "Die komfortable Flexibilität des Autos und die Effizienz der Schiene
lassen sich miteinander kombinieren, wenn die Infrastruktur stimmt. Das ist ein
konstruktiver Ansatz, der uns weiterbringt." Zu denken, man könne Menschen in
einer freien Gesellschaft mit staatlichen Zwangsmaßnahmen veranlassen, ihr Leben
zu ändern, sei weltfremd.

Der FDP-Politiker erläuterte mit Blick auf das Verkehrsangebot auf dem Land: "Wenn der Bus bisher alle drei Stunden kommt und künftig alle zwei Stunden - was
wäre das für eine Verbesserung? Da bleiben die Leute beim Auto." In jedem Dorf
einen 20-Minuten-Takt mit dem Bus hinzubekommen, sei auch nicht realistisch.
"Alle Planer wissen, dass es dafür nicht ausreichend Fachkräfte gäbe und die
Nachfrage auf den einzelnen Strecken oftmals nicht ausreichen würde."

Deutschlandticket weniger auf dem Land genutzt

Das seit mehr als einem Jahr geltende Deutschlandticket im bundesweiten Nah- und Regionalverkehr hat nach Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen
(VDV) im Schnitt 11,2 Millionen Abonnenten im Monat. Es ist bisher aber vor
allem ein Ticket, das in urbanen Regionen genutzt wird. Laut VDV kommen nur 21
Prozent der Nutzerinnen und Nutzer aus dem ländlichen Raum.

VDV-Umfragen zufolge steigen zwar rund 16 Prozent der
Deutschlandticket-Nutzer seltener ins Auto, seit sie das Abo haben. Trotzdem
habe die Verkehrsverlagerung bisher nicht in dem erhofften Maße stattgefunden.
Die Verkehrsminister von Bund und Ländern beraten seit längerem über einen
Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV. Die Länder fordern außerdem vom
Bund eine stärkere Erhöhung der milliardenschweren Regionalisierungsmittel, mit
denen Leistungen bei Verkehrsunternehmen bestellt werden.

Marissa Reiserer, Greenpeace-Verkehrsexpertin, sagte: "Gut, dass der
Verkehrsminister über eine bessere ÖPNV-Anbindung der Menschen auf dem Land
nachdenkt. Den ersten Schritt dazu kann er selbst tun, in dem er den
finanziellen Spielraum der Bundesländer über die Regionalisierungsmittel erhöht
und die Zukunft des Deutschlandtickets mit einer langfristigen Zusage
absichert."/hoe/DP/jha

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