19.06.2024 14:18:05 - dpa-AFX: ROUNDUP/Prognose 2045: Deutschland wächst und altert - aber unterschiedlich

BONN (dpa-AFX) - Die Einwohnerzahl Deutschlands wird sich einer neuen
Prognose zufolge bis 2045 auf 85,5 Millionen Menschen erhöhen. Davon geht das
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in einer Berechnung
aus, die am Mittwoch in Bonn vorgestellt wurde. Die Experten rechnen mit einem
Zuwachs von rund 800 000 Menschen - oder 0,9 Prozent - im Vergleich zum Jahr
2023.

Als Erklärung nannte das Institut die erwartete Zuwanderung aus dem Ausland. Ohne sie sähe das Ergebnis der Rechnung ganz anders aus. "Ohne Zuwanderung aus
dem Ausland würde die Bevölkerungszahl Deutschlands im Jahr 2045 bereits
deutlich niedriger liegen, weil die Zahl der Sterbefälle die Zahl der Geburten
bei weitem übersteigen wird", erklärte Peter Jakubowski, Leiter der Abteilung
Raum- und Stadtentwicklung im BBSR. Das Institut geht unter anderem davon aus,
dass langfristig betrachtet - ab dem Jahr 2031 - pro Jahr 300 000 Menschen mehr
nach Deutschland kommen als Deutschland verlassen.

Große regionale Unterschiede

Allerdings gibt es große regionale Unterschiede. Während wirtschaftsstarke
Großstädte, ihr Umland und viele ländliche Regionen insbesondere in Bayern und
Baden-Württemberg weiter wachsen würden, gehe der Rückgang an Bevölkerung in
strukturschwachen Gegenden abseits der Metropolen weiter. Viele Regionen mit
Bevölkerungsschwund liegen in Ostdeutschland - aber nicht nur.

Das stärkste Wachstum mit 14 Prozent und mehr prognostiziert das Institut
für den östlich von München gelegenen Landkreis Ebersberg (Bayern) sowie für die
Städte Freiburg im Breisgau, Potsdam und Leipzig. Die Landkreise Erzgebirgskreis
(Sachsen), Greiz (Thüringen) und Mansfeld-Südharz (Sachsen-Anhalt) büßen dagegen
laut Berechnung bis 2045 mehr als ein Fünftel ihrer Bevölkerung ein. Aber auch
Regionen in Westdeutschland verlieren demnach Einwohner. Das betreffe Teile
Nordhessens, die angrenzenden Gebiete im Osten Nordrhein-Westfalens sowie Teile
des Saarlands.

Annahmen zu Geburten, Sterbefällen und Zuwanderung

Als Vergleichsjahr auf regionaler Ebene dient dabei 2021 - weil aus diesem
alle notwendigen Daten für die Berechnung vorlagen, so das BBSR. Zuwanderung,
die es seitdem gegeben hat, etwa ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg
auf die Ukraine, sind bei diesem Vergleich also nicht berücksichtigt. In die
Prognose für 2045 flossen nach Angaben des Instituts aber gleichwohl aktuellere
Daten ein. Also auch Daten, die die Jahre 2022 und 2023 abbilden.

Grundsätzlich fußt die Prognose auf Annahmen, die auf Basis demografischer
Entwicklungen über einen längeren Zeitraum getroffen wurden. Etwa zu
Geburtszahlen, Sterblichkeit, Zuwanderung und Wanderungen innerhalb
Deutschlands. Künftige "Großkrisen", die Flüchtlingsbewegungen auslösen können,
könnten gleichwohl nicht eingepreist werden, betonte Abteilungsleiter
Jakubowski.

Deutschland altert "massiv"

Besonders deutlich zeigt die Prognose abermals die erwartete Alterung der
Gesellschaft. "Deutschland altert massiv", sagte die wissenschaftliche
Projektleiterin Jana Hoymann. Man gehe davon aus, dass die Gruppe der Menschen,
die 67 Jahre und älter sind, von 2021 bis 2045 um mehr als 13 Prozent anwachse.
Das entspreche etwa 2,2 Millionen Menschen. "Wir haben einzelne Kreise, da
nehmen die älteren Menschen 40 Prozent zu", sagte sie. Das sei ein "unfassbar"
hoher Wert.

Auch beim Alter sind die Unterschiede zwischen den Regionen riesig. Für die
Landkreise Vorpommern-Rügen (Mecklenburg-Vorpommern), Mansfeld-Südharz
(Sachsen-Anhalt), Altenburger Land (Thüringen), Greiz (Thüringen) und
Spree-Neiße (Brandenburg) gehen die Demografen von einem Durchschnittsalter von
mehr als 50 Jahren im Jahr 2045 aus. In Städten wie Frankfurt am Main, München
oder Heidelberg sieht es ganz anders aus. Dort wird ein Durchschnittsalter von
unter 41 Jahren erwartet.

Abteilungsleiter Jakubowski sprach von "zum Teil völlig konträren
Herausforderungen". In strukturstarken Städten und Kreisen mit
Bevölkerungszuwachs werde es darum gehen, genügend Wohnraum, Bildung,
Kinderbetreuung, Gesundheitsversorgung oder Pflege bereitzustellen. In
strukturschwächeren Städten und Kreisen mit anhaltenden Bevölkerungsverlusten
werde es dagegen "immer herausfordernder, eine vielfältige und leistungsfähige
Daseinsvorsorge sowie attraktive Arbeits- und Wohnungsmärkte - also
gleichwertige Lebensverhältnisse - abzusichern"./idt/DP/jha

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