09.06.2024 20:06:13 - dpa-AFX: GESAMT-ROUNDUP: Von der Leyens Parteienbündnis bei Europawahl vorn

BERLIN/BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die Union hat die Europawahl in Deutschland klar
gewonnen, und auch europaweit hat sich ein Sieg ihrer Parteienfamilie EVP
abgezeichnet. Die deutsche Spitzenkandidatin des Mitte-Rechts-Bündnisses, Ursula
von der Leyen (CDU), kann somit auf eine weitere Amtszeit als Präsidentin der
EU-Kommission hoffen. Zugleich dürften rechte Parteien nach den ersten Trends
deutlich zulegen. In Deutschland gewann die AfD trotz der Kontroversen um ihren
Spitzenkandidaten stark dazu und landete mit ihrem bislang besten Ergebnis bei
einer bundesweiten Wahl klar auf dem zweiten Platz - in Ostdeutschland sogar auf
Platz eins.

CDU und CSU lagen nach Hochrechnungen von ARD und ZDF bei der deutschen
Abstimmung mit großem Abstand vorn. Im Europaparlament dürfte die Europäische
Volkspartei (EVP) nach Prognosen der Sender erneut stärkste Kraft werden.

Die Parteien der Ampel-Koalition erlitten eine schwere Schlappe. Die SPD von Kanzler Olaf Scholz kam mit einem historisch schlechten Wert nur auf Platz drei,
die Grünen liegen mit deutlichen Verlusten auf dem vierten Platz, die FDP verlor
nur leicht. Die Linke sackte stark ab - und wurde von der neuen Partei BSW von
Sahra Wagenknecht überholt.

Die deutschen Hochrechnungen vom Sonntagabend: CDU/CSU 30 Prozent, AfD 16,2
bis 16,4 Prozent, SPD 13,9 bis 14 Prozent, Grüne 12 bis 12,2 Prozent, FDP 4,8
bis 4,9 Prozent, Linke 2,7 bis 2,8 Prozent, BSW 5,7 bis 6,1 Prozent, Volt 2,6
bis 3 Prozent.

Trendprognose: Zugewinne für rechte Parteien

Dem um kurz vor 19.00 Uhr veröffentlichten europaweiten ARD-Trend zufolge
könnte die EVP auf rund 176 der 720 Sitze im neuen Europäischen Parlament
kommen. Im Vergleich zur Europawahl 2019 bleibt sie damit stabil. Zweitstärkstes
Lager bleiben demnach die Sozialdemokraten, die auf etwa 134 Sitze kommen
könnten - etwas weniger als vor fünf Jahren. Grundlage der Zahlen waren Umfragen
und Hochrechnungen.

Danach folgen die Liberalen, die der Prognose zufolge auf 87 Sitze
abrutschen, sowie die zwei bisherigen rechtspopulistischen Parteienbündnisse EKR
und ID, mit knapp 78 beziehungsweise rund 70 Sitzen - zusammen demnach rund 30
Sitze mehr. Die deutsche AfD wird zu den fraktionslosen Parteien gezählt, da sie
kurz vor der Europawahl aus der ID-Fraktion ausgeschlossen worden war. Insgesamt
dürften rechte Parteien den Zahlen zufolge am stärksten hinzugewinnen. Die
Grünen verlieren demnach deutlich und landen weit unter 60 Sitzen.

Rechte FPÖ liegt in Österreich vorn

In Österreich zeichnete sich bei der Europawahl ein Sieg der rechten FPÖ ab. Die Niederlande hatten bereits am Donnerstag gewählt, wobei sich ein rot-grünes
Wahlbündnis ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der radikal-rechten Partei des
Populisten Geert Wilders liefert. Prognosen aus den großen EU-Ländern
Frankreich, Italien, Spanien und Polen wurden im Laufe des Abends erwartet.

In vielen EU-Staaten war mit einem deutlichen Plus für rechte Parteien
gerechnet worden. So hatten Umfragen vor der Wahl die AfD zwischenzeitlich bei
mehr als 20 Prozent gesehen. Vorwürfe gegen ihren Spitzenkandidaten Maximilian
Krah und die Nummer zwei auf der Europawahl-Liste, Petr Bystron, brachten die
Partei aber in Schwierigkeiten. Beide gerieten wegen möglicher Verbindungen zu
prorussischen Netzwerken in die Schlagzeilen, im Fall Krah geht es zudem um
mögliche China-Verbindungen.

In den 27 EU-Staaten waren rund 360 Millionen Bürger wahlberechtigt, davon
knapp 61 Millionen Deutsche. Gewählt wurden 720 Abgeordnete für das neue
Europäische Parlament, davon 96 in Deutschland. Abgesehen von der Parlamentswahl
in Indien ist es die größte demokratische Abstimmung weltweit - und die einzige
Direktwahl über Staatsgrenzen hinweg.

Eine der ersten Aufgaben des neuen Europaparlaments ist die Bestätigung der
neuen EU-Kommission, der Exekutive der Union. Das erste Wort haben aber die
Staats- und Regierungschefs der EU - sie haben offiziell das Vorschlagsrecht für
den Kommissionspräsidenten oder die -präsidentin, das Parlament muss
anschließend mehrheitlich zustimmen.

In Deutschland gilt die Abstimmung auch als wichtiger Stimmungstest vor den
Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September und der
Bundestagswahl im kommenden Jahr./sku/DP/he

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH