21.06.2024 14:50:19 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Innenminister einig bei Abschiebung von 'Gefährdern'

POTSDAM (dpa-AFX) - In der Migrationspolitik haben die Innenminister von
Bund und Ländern im Prinzip das gleiche Ziel, nur über den Weg dorthin gibt es
teils Meinungsverschiedenheiten. Einig war man sich am Freitag zum Ende des
dreitägigen Treffens in Potsdam, dass Straftäter und islamistische "Gefährder"
wieder nach Afghanistan und Syrien abgeschoben werden sollten.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, sie sei dazu bereits mit
mehreren Staaten im Gespräch.

"Gefährder" und Straftäter nach Afghanistan und Syrien abschieben

Da Deutschland derzeit weder zu den Taliban-Machthabern in Kabul noch zur
Regierung des syrischen Präsidenten, Baschar al-Assad, unterhält, sollen diese
Abschiebungen wohl über Nachbarstaaten organisiert werden. Faeser sagte, für
Syrien sei neben der Klärung der praktischen Fragen auch eine Neubewertung der
Lage in dem arabischen Land notwendig. Sie sei sicher, dass sie dies mit
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in naher Zukunft lösen könne. Für
Abschiebungen nach Afghanistan sei keine veränderte Sicherheitseinschätzung
notwendig. Bayern Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte das Auswärtige
Amt auf, "rasch die Schutzbedürftigkeit der von dort kommenden Menschen neu zu
bewerten". Konkret geht es um die Frage, ob es in Syrien Regionen gibt, in denen
den Rückkehrern keine Gefahr für Leib und Leben droht.

Faeser betonte: "Wir haben alle das gleiche Interesse an einer Reduzierung
der irregulären Migration in Deutschland." Sie kündigte außerdem an, bald einen
Entwurf für eine gesetzliche Regelung vorzulegen, die eine Ausweisung von
Menschen, die wegen Volksverhetzung verurteilt wurden, betrifft.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte, man müsse dafür
sorgen, dass weniger Asylsuchende nach Deutschland kommen. Es brauche auch
Vorschläge für den Umgang mit den vielen von ihnen, die ohne Ausweispapiere
kämen. Das sei auch ein Thema, das auf EU-Ebene angegangen werden müsse. In den
ersten fünf Monaten dieses Jahres wurde beim Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge für 103 467 Menschen erstmals ein Asylantrag gestellt - ein Rückgang
um 17,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Rückgang geht wohl
teilweise auch auf die Mitte Oktober angeordneten Kontrollen an den Grenzen zu
Polen, Tschechien und der Schweiz zurück.

Innenminister stehen hinter Überlegungen zu Drittstaaten-Regelung

Zu dem Beschluss des Bund-Länder-Treffens von Donnerstagnacht, Möglichkeiten für eine Auslagerung von Asylverfahren in Staaten außerhalb der Europäischen
Union weiter zu prüfen, sagte Herrmann: "Wir müssen Mittel und Wege finden." Der
Grünen-Vorsitzende, Omid Nouripour sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Was es
braucht, sind schnellere rechtsstaatliche Verfahren und die konsequente
Umsetzung geltenden Rechts wie der europäischen Asylrechtsreform und keine
Scheinlösungen, die bereits in Großbritannien gescheitert sind." Großbritannien
will unerlaubt eingereiste Asylbewerber nach Ruanda bringen, das dann nicht nur
selbst die Asylverfahren übernehmen würde, sondern auch Schutz gewähren
beziehungsweise sich um eine Abschiebung kümmern soll.

Ausweitung der Regelungen zu Waffenverbotszonen soll geprüft werden

Bund und Länder haben vereinbart zu schauen, ob es zusätzlicher
bundesgesetzlicher Regelungen zu Waffenkontrollen bedarf, um Straftaten mit
Messern zu verhindern. Konkret geht es darum, ob anlasslose Kontrollen durch die
Polizei auch außerhalb der in Verantwortung der Länder an Orten mit hoher
Kriminalitätsbelastung eingerichteten Waffenverbotszonen erlaubt sind. Das
betrifft etwa Orte, an denen es zu Menschenansammlungen kommt. "Erst wenn
anlasslose Kontrollen möglich sind, entfalten Waffenverbotszonen auch die
erwünschte breite präventive Wirkung", sagte Sachen-Anhalts Innenministerin
Tamara Zieschang (CDU).

Wunsch nach mehr Handhabe bei Cybermobbing

Die Innenminister setzen sich für die Prüfung eines gesonderten
Straftatbestands für Cybermobbing ein. "Cybermobbing ist ein wachsendes
Phänomen, das bisher unterschätzt wird, obwohl es für die Opfer zu
schwerwiegenden Auswirkungen in vielen Lebensbereichen führt", sagte
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU). Er brachte den Antrag in die
Innenministerkonferenz ein, deren Vorsitz er derzeit innehat. Nun sollten die
Justizminister prüfen, ob sie die Einführung eines gesonderten Straftatbestands
für sinnvoll erachten. Anders als bei einer Beleidigung in der realen Welt, etwa
auf dem Schulhof, seien die Folgen einer solchen Tat durch die Verbreitung im
virtuellen Raum, für die Betroffenen viel gravierender.

Fußfesseln für gewalttätige Partner und Ex-Partner

Angestrebt wird eine einheitliche Regelung zum Einsatz von Fußfesseln bei
häuslicher Gewalt. Außerdem solle es für die Täter verpflichtende
Anti-Gewalt-Trainings geben, sagt Stübgen. Verbote, die Wohnung zu betreten und
sich der Frau zu nähern, müssten "konsequent durchgesetzt und engmaschig
kontrolliert werden", sagte Faeser. Sie sei dazu bereits im Austausch mit
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Wenn die Täter mit einer
elektronischen Fußfessel überwacht würden, könne die Polizei im Ernstfall
schneller einschreiten und Gewalt gegen Frauen besser verhindern. Als Vorbild
nannte Faeser entsprechende Regelungen in Österreich./abc/DP/jha

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