05.10.2023 16:31:57 - dpa-AFX: ROUNDUP: OLG München stellt Ablehnung der Lkw-Kartellklage in Frage

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Das Landgericht München muss den größten
Schadenersatzprozess gegen ein Lkw-Kartell möglicherweise noch einmal aufrollen.
Die Käufer von 70 000 angeblich überteuert verkauften Lastwagen fordern von MAN,
Daimler, Iveco und Volvo/Renault 500 Millionen Euro Schadenersatz, waren in
erster Instanz aber gescheitert: Das Landgericht hatte die Sammelklage des
Rechtsdienstleisters Financialright Claims als teils unzulässig, teils
unbegründet abgewiesen. Das Oberlandesgericht (OLG) kam im Berufungsverfahren am
Donnerstag zu einer anderen Bewertung.

Nach vorläufiger Einschätzung des Senats sei das Urteil der ersten Instanz
aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen, sagte der
Vorsitzende Richter Andreas Müller. Viele Fragen seien offen geblieben, der Fall
sei noch nicht entscheidungsreif.

Im Laufe der mündlichen Verhandlung stellte sich allerdings heraus, dass der Vertrag von Financialright mit einem Prozessfinanzierer "der Dreh- und
Angelpunkt" für die Zulässigkeit der Sammelklage und für das Verfahren sein
könne. Ob Financialright diesen Vertrag nun vorlegen muss, will der Senat am 21.
Dezember verkünden.

Im Gegensatz zum Landgericht hält das OLG die Abtretung der
Schadenersatzforderungen an den Inkasso- und Rechtsdienstleister Financialright
Claims zumindest nach erster Einschätzung für rechtens. Die Bündelung der
Ansprüche sei demnach zulässig, sagte Müller zum Auftakt der
Berufungsverhandlung. Financialright Claims tritt als alleiniger Kläger auf und
bekommt im Erfolgsfall 33 Prozent Provision.

Auch die vom Landgericht angenommene Unbestimmtheit der Klage liege nicht
oder nach Korrekturen nicht mehr vor, sagte der Senatsvorsitzende. Vom
Landgericht als unzulässig zurückgewiesene Anträge seien nach vorläufiger
Einschätzung des Senats hinreichend bestimmt.

Kläger-Anwalt Alex Petrasincu äußerte sich zunächst erfreut. Die
Einschätzung des OLG sei im Einklang mit der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs.

Die Anwälte von MAN und Daimler vertraten in der anschließenden Verhandlung
jedoch die Ansicht, die vorliegende Sammelklage verstoße wegen
Interessenkonflikten gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Financialright habe
nicht nur Betroffene mit völlig unterschiedlichen Erfolgsaussichten gebündelt,
sondern sei auch wirtschaftlich von einem Prozessfinanzierer abhängig und damit
in der Möglichkeit beschränkt, Vergleiche abzuschließen. Um diese wichtige Frage
abschließend zu beantworten, forderten die Lkw-Hersteller die Offenlegung des
Vertrages von Financialright mit dem Prozessfinanzierer.

Die EU-Kommission hatte gegen DAF, Daimler , Iveco
, Scania und Volvo /Renault
ein Bußgeld von fast vier Milliarden Euro wegen Kartellverstößen
verhängt. Die Lkw-Konzerne hatten von 1997 bis 2011 Verkaufspreise ausgetauscht.
MAN war als Kronzeuge straffrei ausgegangen. Ob den Lkw-Käufern durch das
Kartell ein Schaden entstanden ist, hatte die EU-Kommission jedoch
offengelassen. Die Lkw-Hersteller bestreiten es.

Beim Landgericht München sind noch weitere große Lkw-Verfahren anhängig.
Unter anderem fordert Financialright für die Käufer von weiteren 100 000
Lastwagen ebenfalls annähernd eine halbe Milliarde Euro Schadenersatz. Der
Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) hatte seinen
Mitgliedern zu der Klage über Financialright geraten. In einem anderen Verfahren
fordern die Deutsche Bahn, die Bundeswehr und viele Speditionsfirmen von den
Lastwagenherstellern 385 Millionen Euro Schadenersatz./rol/DP/ngu
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
RENAULT INH. EO 3,81 893113 Xetra 47,820 23.05.24 17:35:43 -0,380 -0,79% 0,000 0,000 48,360 48,200
VOLVO B (FRIA) 855689 Frankfurt 24,480 23.05.24 08:05:02 +0,030 +0,12% 24,600 24,650 24,480 24,450
DAIMLER TRUCK HLDG NA ON DTR0CK Xetra 38,990 23.05.24 17:35:23 -0,340 -0,86% 0,000 0,000 39,450 39,330
IVECO GROUP N.V. EO 1 A3DBBA Frankfurt 11,075 23.05.24 08:13:00 -0,205 -1,82% 11,025 11,290 11,075 11,280

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