08.07.2024 05:43:48 - dpa-AFX: BAG: Zeiterfassung ja - aber Homeoffice nicht in Gefahr

ERFURT (dpa-AFX) - Die Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit in Deutschland
hindert Beschäftigte und Unternehmen aus Sicht der obersten deutschen
Arbeitsrichterin nicht an flexiblem Arbeitseinsatz. "In den Unternehmen haben
Arbeitgeber und Arbeitnehmer oft maßgeschneiderte Lösungen gefunden, die
Arbeitszeit und damit auch mögliche Überstunden zu erfassen", sagte die
Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts (BAG), Inken Gallner, der Deutschen
Presse-Agentur in Erfurt.

Es fehle zwar noch immer eine Anpassung des Arbeitszeitgesetzes durch
Bundesregierung und Bundestag. Inken verwies aber zugleich darauf, dass etwa 80
Prozent der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sagten, dass ihre Arbeitszeit
betrieblich erfasst oder sie von ihnen selbst dokumentiert werde. Sie berief
sich dabei auf Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz.

Flexibles Arbeiten bleibt möglich

Flexible Modelle wie mobiles Arbeiten, Homeoffice oder Kernarbeitszeiten
seien durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vor knapp zwei Jahren
nicht eingeschränkt. "Vertrauensarbeitszeitmodelle sind nicht in Gefahr, im
Gegenteil", sagte Gallner. Sie reagierte damit auf Befürchtungen einiger
Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände. Auch dafür würden schließlich die
gesetzlichen Regelungen gelten wie eine elfstündige Ruhezeit pro Tag oder eine
wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden.

Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts, dem Gallner vorsteht, war im
September 2022 vorgeprescht und hatte in einer Grundsatzentscheidung erklärt, in
Deutschland bestehe eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. Das gelte -
unabhängig von einer bereits damals diskutierten Änderung des
Bundesarbeitszeitgesetzes. Damit war das "Ob entschieden", so Gallner.

Das "Wie" könne gesetzlich geklärt werden oder durch Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. "Wir haben herausgefunden, dass die Betriebsräte
dafür ein Initiativrecht haben." Das Bundesarbeitsgericht habe eine
vorangegangene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs auf Deutschland
übertragen.

In der Ampel wird derzeit im Zuge der Bestrebungen um eine konjunkturelle
Belebung oder "Wirtschaftswende" derzeit auch über mögliche flexiblere Regeln
für die Arbeitszeit diskutiert./rot/DP/zb

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