08.07.2024 05:41:57 - dpa-AFX: FDP: Weg vom Acht-Stunden-Tag

BERLIN (dpa-AFX) - Die FDP im Bundestag macht sich für ein Ende des
Acht-Stunden-Tags für Deutschlands Beschäftigte in heutiger Form stark. Bereits
mit dem Wachstumspaket gewähre die Koalition Angestellten und Unternehmen
künftig mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeiten, sagte
FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Das ist
ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung, dem perspektivisch die
vollständige Umstellung von der Tages- auf eine Wochenhöchstarbeitszeit folgen
sollte."

Der Acht-Stunden-Tag heute

Heute darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden
verlängert werden. Acht Stunden dürfen aber binnen sechs Kalendermonaten oder
innerhalb von 24 Wochen im Schnitt werktäglich nicht überschritten werden. Zudem
kann per Tarifvertrag zugelassen werden, bei langen Bereitschaftsphasen die
Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich zu verlängern.

FDP: "Altes Dogma"

Köhler argumentiert: "Damit die Wirtschaftswende gelingt, müssen wir die
Produktivität steigern und die Menschen in ihrem Arbeitsalltag entlasten." Den
"starren Acht-Stunden-Tag" bezeichnete der Politiker als "altes Dogma". Dieses
werde der modernen Lebens- und Arbeitswelt vieler Menschen längst nicht mehr
gerecht. "Deshalb schaffen wir jetzt den Einstieg in die Flexibilisierung der
Arbeitszeiten, auf die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam im Rahmen von
Tarifverträgen einigen können."

Ampel: Überstunden sollen sich auszahlen

Die Koalitionsspitzen wollen mit ihrer Haushaltseinigung auch dafür sorgen,
dass sich Überstunden auszahlen: Steuer- und beitragsfrei gestellt werden
Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte Vollzeitarbeit
hinausgehen. Als Vollzeitarbeit soll dabei bei Tarif-Regelungen eine
Wochenarbeitszeit von mindestens 34 Stunden gelten. 40 Stunden sollen es bei
nicht tariflich festgelegten oder vereinbarten Arbeitszeiten sein.

Teilzeitbeschäftigte, die aufstocken, sollen einen neuen steuerlichen Anreiz bekommen. Kritikerinnen und Kritiker beklagen, dass viele Beschäftigte laut
Umfragen tatsächlich weniger statt mehr arbeiten wollten. Die meisten
Überstunden würden heute zudem gar nicht bezahlt.

Acht-Stunden-Tag 1918 eingeführt

Der Acht-Stunden-Tag wurde in Deutschland 1918 eingeführt. Nach dem Ersten
Weltkrieg waren revolutionäre sozialistische Kräfte gestärkt. In der
Privatwirtschaft herrschte Sorge vor Enteignungen. Hunderttausende
Kriegsheimkehrer brauchten Arbeit: Kürzere Schichten für mehr Personen waren das
Gebot der Stunde. So wurde am 15. November 1918 das Stinnes-Legien-Abkommen
unterzeichnet. Es ist benannt nach den Verhandlungsführern, dem
Großindustriellen Hugo Stinnes und dem Gewerkschafter Carl Legien.

Sie vereinbarten den Acht-Stunden-Tag. Das Abkommen brachte die gegenseitige Anerkennung von Gewerkschaften und Privatwirtschaft als Tarifpartner. "Die
Bestrebungen der politischen Linken nach einer Vergesellschaftung der
Produktionsmittel wurden durch das Abkommen zunichtegemacht", so die
Bundeszentrale für politische Bildung./bw/DP/zb

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