19.06.2024 15:36:24 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP 4: Dreyer übergibt in Rheinland-Pfalz an Schweitzer

(neu: Details)

MAINZ (dpa-AFX) - Elf Jahre nach ihrer Kür zur rheinland-pfälzischen
Ministerpräsidentin hat Malu Dreyer (SPD) ihren Rückzug angekündigt. Die
63-Jährige begründete den Schritt am Mittwoch in Mainz damit, dass ihr die Kraft
ausgehe. Nachfolger Dreyers soll der 50-jährige Arbeits- und Sozialminister
Alexander Schweitzer (SPD) werden, seine Wahl im Landtag ist am 10. Juli
geplant. An der Spitze der Landes-SPD wird Fraktionschefin Sabine
Bätzing-Lichtenthäler auf Roger Lewentz folgen, voraussichtlich bei einem
Parteitag im November.

Dreyer sprach von einer schweren Entscheidung. "Ich gehe mit schwerem
Herzen, weil ich nicht amtsmüde bin", sagte sie. Ihr gehe die Kraft aus. "Ich
bin 63, also noch nicht uralt. Aber ich muss mir eingestehen, es ist nicht mehr
so wie mit 50." Weiter sagte Dreyer sichtlich bewegt: "Meine Akkus laden sich
nicht mehr so schnell auf." Die 63-Jährige hat Multiple Sklerose (MS), geht
offen mit ihrer Krankheit um, nannte sie aber nicht im Zusammenhang mit dem
Rücktritt. Die Entscheidung zum Rücktritt sei in den vergangenen Wochen gereift,
sagte Dreyer.

Schweitzer sagte, es gehe eine Ära zu Ende. "Es sind sehr große Fußstapfen,
in die ich trete." Es gebe einen hervorragenden Koalitionsvertrag, den er weiter
umsetzen wolle. Als andere Persönlichkeit werde er auch andere Akzente setzen.
Er wolle aber auch nach 2026 mit der Ampel-Koalition weitermachen. Sein
Nachfolger im Ministeramt steht noch nicht fest. Dafür sei es noch zu früh,
sagte Schweitzer. Eine Kabinettsumbildung werde es nicht geben. Der
Familienvater sagte weiter mit Blick auf den Karrieresprung: "Meine Frau trägt
es mit großer Fassung. Wir kennen uns seit Schulzeiten." Mit
Bätzing-Lichtenthäler werde er gut zusammenarbeiten, er kenne sie bereits seit
Juso-Zeiten.

Die Ankündigung Dreyers kommt anderthalb Wochen nach der Schlappe der
Sozialdemokraten bei der Europawahl und den Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz.
Die SPD war bei der Europawahl am 9. Juni im Land auf 17,5 Prozent abgesackt,
ein Minus von 3,8 Prozentpunkten. Bei den zeitgleichen Kommunalwahlen büßten die
Sozialdemokraten 2,4 Prozentpunkte ein und kamen landesweit auf 20,2 Prozent.

Es war schon seit längerem über einen Rückzug Dreyers spekuliert worden. Als mögliche Nachfolger waren neben Schweitzer auch Innenminister Michael Ebling
(SPD) und die derzeitige Landtagsfraktionschefin Bätzing-Lichtenthäler, die nun
SPD-Landeschefin wird, gehandelt worden.

Die nächste Landtagswahl in Rheinland-Pfalz ist turnusgemäß im Frühjahr
2026. Schweitzer hat damit die Chance, bereits als profilierter Regierungschef
in diese Wahl zu gehen. Politikwissenschaftler Uwe Jun bescheinigte Dreyer am
Mittwoch, einen guten Zeitpunkt für den Rücktritt gewählt zu haben. Knapp zwei
Jahre vor der nächsten Landtagswahl im Land habe ihr Nachfolger genug Zeit, sich
in das Amt einzuführen, sagte Jun der dpa.

Die 63 Jahre alte Dreyer ist seit 2013 Regierungschefin in Rheinland-Pfalz.
In dem Amt folgte sie damals auf Kurt Beck, führte zunächst eine rot-grüne
Landesregierung an und seit 2016 eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP
an, die - anders als die auf Bundesebene - weitgehend geräuschlos
agierte./chs/DP/ngu

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH