28.06.2024 13:37:30 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Schwache Konjunktur zieht Arbeitsmarkt im Juni ins Minus

(Neu: Ökonomenkommentare)

NÜRNBERG (dpa-AFX) - Erst war es Corona, dann waren es die Ukrainer: Die
Zahl der Arbeitslosen ging im Juni in den vergangenen Jahren nicht so zurück,
wie das in der langjährigen Beobachtung üblich ist - oder sie stieg sogar an.
Auch in diesem Jahr steht in der Juni-Statistik eine Steigerung statt einer
satten Reduzierung vor der Sommerflaute zu Buche. Diesmal ist es aber kein
Sondereffekt, sondern schlicht die schwache Konjunktur, die dem deutschen
Arbeitsmarkt immer mehr die Luft nimmt.

"Die Schwäche am Arbeitsmarkt hält weiter an", sagte die
Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Andrea Nahles. "Arbeitslosigkeit und
Unterbeschäftigung nahmen im Juni saisonbereinigt spürbar zu. Die Unternehmen
sind weiter zurückhaltend bei der Suche nach neuem Personal", betonte Nahles.

Besonders schwer ist es für Langzeitarbeitslose, einen Job zu finden. Nahles mahnt deshalb, die Mittel für die Jobcenter im Zuge der laufenden
Haushaltsberatungen nicht weiter zu kürzen. Es drohe nach ihren Informationen
eine Minderung der Haushaltsmittel von insgesamt zehn Milliarden Euro um etwa
eine Milliarde Euro, sagte Nahles. Die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen
sei im Zuge des 2019 in Kraft getretenen Teilhabechancengesetzes gut gelungen -
besser als je zuvor.

Dies solle nicht gefährdet werden - auch wenn diese Maßnahmen teuer seien
und über mehrere Jahre Mittel bänden. "Es lohnt sich, diese Investitionen zu
machen", sagte Nahles. Allein im vergangenen Jahr seien 650 000
Bürgergeld-Empfänger bei der Aufnahme einer Beschäftigung unterstützt worden.
Sie hoffe auf die parlamentarischen Beratungen.

Bei allen Problemen: Es gibt auch Hoffnungsschimmer. "Die konjunkturellen
Frühindikatoren zeigen, dass die Stimmung sich mit leichten Schwankungen
zunehmend aufhellt und die Konjunktur langsam Fahrt aufnimmt", sagte die
Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib. "Eine
Entlassungswelle, wie sie Konjunkturtäler meist begleitet, ist wegen des
Fachkräftemangels ausgeblieben", betonte sie.

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Juni im Vergleich zum
Vormonat um 4000 auf 2,727 Millionen gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat
bedeute dies einen Anstieg um 172 000 Personen, teilte die Bundesagentur für
Arbeit in Nürnberg mit. Die Arbeitslosenquote lag im Juni demnach unverändert zu
Mai bei 5,8 Prozent.

Die Zahl der gemeldeten offenen Arbeitsstellen ging weiter zurück. Im Juni
lagen der Bundesagentur Meldungen zu 701 000 freien Stellen vor, 69 000 weniger
als ein Jahr zuvor. Für ihre Juni-Statistik griff die Bundesagentur auf Daten
zurück, die bis zum 13. Juni vorlagen.

In einem Anstieg der Kurzarbeit drückt sich die Konjunkturschwäche
allerdings derzeit noch nicht aus. Vom 1. bis 24. Juni stellten Betriebe
Anzeigen über Kurzarbeit für 42 000 Personen - etwa das gleiche Niveau wie im
Vormonat. Ob die Kurzarbeit auch in Anspruch genommen wird, ist nicht klar.
Daten für tatsächlich in Anspruch genommenes Kurzarbeitergeld liegen bis April
2024 vor. In diesem Monat wurde Kurzarbeitergeld für 242 000 Menschen gezahlt,
nach 223 000 im März.

Etwas besser in Schwung ist derzeit dagegen der Ausbildungsmarkt. Die Zahl
der Bewerber um Lehrstellen liege mit 383 000 um 9000 höher als vor einem Jahr.
Von ihnen hatten im Juni noch 154 000 junge Leute weder eine Lehrstelle noch
eine Alternative dazu gefunden. Gleichzeitig waren 480 000 Ausbildungsplätze
gemeldet worden, 21 000 weniger als vor einem Jahr./dm/DP/jsl

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