26.06.2024 05:25:29 - dpa-AFX: POLITIK: US-Gericht segnet Deal mit Julian Assange ab - Wikileaks-Gründer frei

SAIPAN/WASHINGTON (dpa-AFX) - Ein US-Gericht hat den Deal zwischen
Wikileaks-Gründer Julian Assange und der amerikanischen Justiz im Zusammenhang
mit Spionagevorwürfen abgesegnet und seine Freilassung besiegelt. Das
berichteten die BBC und der britische "Guardian" am Mittwoch (Ortszeit)
übereinstimmend aus dem Gerichtssaal auf der Marianen-Insel Saipan, einem
US-Außengebiet im Pazifik. Demnach kommt der 52-Jährige im Gegenzug für ein
Schuldbekenntnis nach seiner bereits in Großbritannien verbüßten Haft auf freien
Fuß. Die zuständige Richterin Ramona Manglona sagte nach Angaben der anwesenden
Reporter, Assange könne "den Gerichtssaal als freier Mann verlassen".

Assange ist der Protagonist eines großen Spionageskandals. 2006 hatte der
Australier die Plattform Wikileaks gegründet mit der Mission, Whistleblower zu
unterstützen und verborgene Informationen ans Licht zu bringen. Von 2010 an
veröffentlichte Wikileaks geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und
in Afghanistan der Whistleblowerin Chelsea Manning. Die USA warfen Assange in
der Folge vor, geheimes Material gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben
von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.

Die amerikanische Justiz wollte Assange lange Zeit den Prozess wegen
Spionagevorwürfen machen. Bis zu 175 Jahre Haft hätten ihm in den USA gedroht.
Stattdessen handelte er mit der US-Justiz zuletzt jedoch einen Deal aus und
bekannte sich nun der Verschwörung zur unrechtmäßigen Beschaffung und
Verbreitung von geheimen Unterlagen schuldig. Die Richterin Manglona legte laut
BBC und "Guardian" fest, dass als Strafmaß jene Zeit gelte, die der
Internetaktivist bereits in London in einem Hochsicherheitsgefängnis verbüßt
hat.

Durch den Justiz-Deal bleibt Assange ein Prozess und potenziell weitere Haft in den USA erspart. Die Vereinigten Staaten hatten bisher seine Auslieferung aus
Großbritannien verlangt. Stattdessen kann der 52-Jährige nun in seine Heimat
zurückkehren. Von Saipan aus wollte er noch am Mittwoch direkt weiter nach
Australien reisen, wie Wikileaks auf der Plattform X mitteilte. Der
Gerichtstermin wurde daher auch nicht auf dem amerikanischen Festland
abgehalten, sondern in dem entlegenen US-Außengebiet. Die Nördlichen Marianen
liegen nur wenige Flugstunden nördlich von Australien.

Assange war am Montag unbemerkt von der Öffentlichkeit aus der Haft in
London freigekommen und hatte mit einem gecharterten Flugzeug Großbritannien
verlassen, um an dem Gerichtstermin auf der Pazifik-Insel teilzunehmen. Nach
einem Zwischenstopp in der thailändischen Hauptstadt Bangkok flog er weiter nach
Saipan zu der Anhörung.

Es ist das abenteuerliche Ende einer jahrelange Odyssee mit vielen
juristischen Kämpfen. Assange hatte vor etwa fünf Jahren seine Haft im
Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London angetreten. Vor seiner Festnahme im
April 2019 hatte er sich sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in
London dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen. Diese hatten ihn
zunächst wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden ins Visier genommen. Diese
Anschuldigungen wurden später jedoch aus Mangel an Beweisen fallen gelassen.

Während die USA über Jahre die Auslieferung Assanges verlangten, forderten
Menschenrechtsorganisationen, Journalistenverbände, Künstler und Politiker
dessen sofortige Freilassung. Auch die australische Regierung setzte sich für
die Freilassung ihres Staatsbürgers ein./jac/DP/zb

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