11.07.2024 06:31:27 - dpa-AFX: Bundesregierung nutzt immer häufiger Künstliche Intelligenz

BERLIN (dpa-AFX) - Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in den
Bundesministerien und zugeordneten Bundesbehörden nimmt stark zu. Das geht aus
einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der
Digitalpolitikerin Anke Domscheit-Berg (Linke) hervor, die der Deutschen
Presse-Agentur vorliegt. Danach hat sich die Zahl der aktiven KI-Projekte und
Anwendungen innerhalb eines Jahres von rund 100 auf über 212 mehr als
verdoppelt.

Die KI-Nutzung fällt je nach Ministerium sehr unterschiedlich aus. Das
Bundeswirtschafts- und Klimaministerium von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne)
steht mit 44 Vorhaben an der Spitze. Sein Haus verwendet KI unter anderem für
gängige Anwendungen wie die Analyse von Texten oder Transkription. KI hilft aber
auch Fachbehörden wie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe bei
speziellen Aufgaben, etwa bei der Gesteinsuntersuchung und Analyse von
Bodenprofilfotos.

An zweiter Stelle mit 40 KI-Vorhaben steht das Bundesinnenministerium von
Nancy Faeser (SPD). Ihr Ministerium nutzt KI etwa zur Auswertung von Videodaten
und zur Gefahrenabwehr an Bahnhöfen. Das Bundeskriminalamt experimentiert mit
einem KI-Einsatz für die Papillarleistenerkennung (Fingerabdrücke) und der
Gesichtserkennung. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
wiederum verwendet KI zur Abwehr von Schadprogrammen und Gefahren für die IT des
Bundes.

70 Prozent der KI-Vorhaben bei vier Ministerien

An dritter Stelle bei der Anzahl von KI-Anwendungen steht das
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (35). Hier wird KI etwa dazu
eingesetzt, Waldbrände schneller zu erkennen und effektiver zu bekämpfen. Auf
dem vierten Platz landet das Bundesverkehrs- und Digitalministerium (30). Im
Zuständigkeitsbereich von Digitalminister Volker Wissing (FDP) gehört der
Deutsche Wetterdienst (DWD) zu den intensiven KI-Nutzern. Der DWD setzt KI vor
allem zur Verbesserung von Klimamodellen sowie für Unwetter- und
Klimavorhersagen ein. 70 Prozent der 212 KI-Vorhaben des Bundes liegen bei den
vier Top-KI-Ministerien.

Aus der Antwort der Bundesregierung geht nicht hervor, ob und in welchem
Umfang das Verteidigungsministerium KI-Systeme einsetzt. Im Bundesetat 2023
standen jedoch 16 Millionen Euro für KI bei der Bundeswehr. Außerdem ist
öffentlich bekannt, dass es ein KI-Labor der Streitkräfte gibt.

Blackbox Bundeswehr und Nachrichtendienste

Auch beim KI-Einsatz der Geheimdienste, also des Bundesnachrichtendiensts
(BND), des Militärischen Abschirmdiensts (MAD) und des Bundesamts für
Verfassungsschutz (BfV), lässt sich die Bundesregierung nicht in die Karten
schauen. Diese Angaben seien "aus Gründen des Staatswohls
geheimhaltungsbedürftig", heißt es in der Antwort.

Domscheit-Berg kritisierte die Art und Weise, wie die Bundesregierung sich
dem Thema KI in der Praxis annähert. "Was auf den ersten Blick wie ein
Innovationsschub in einer bisher eher analog beschriebenen Verwaltung aussieht,
hat seine Schattenseiten." Die Antwort der Bundesregierung zeige, dass sie keine
Umsetzungsstrategie für diese risikoreiche Technologie habe. "Sie ist weder beim
Kompetenzaufbau noch beim Aufbau geplanter Unterstützungsstrukturen
vorangekommen."

Es gebe keine einzige Stelle, die einen Überblick über den Einsatz von KI im Bund habe, sagte Domscheit-Berg. Das seit Jahren in Aussicht gestellte
Beratungszentrum für Künstliche Intelligenz sei weiterhin nur in Planung. Es
fehle an verbindlichen Vorgaben für Standards und Prozesse, etwa zur Bewertung
von Risiken, dem Verhältnis von Kosten und Nutzen oder zur
Nachhaltigkeit./chd/DP/stk

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