16.07.2024 07:20:02 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Trump ernennt Vance zum Vize - und kehrt auf Bühne zurück

MILWAUKEE/WASHINGTON (dpa-AFX) - Der Republikaner Donald Trump macht seinen
Getreuen J.D. Vance zum Vizekandidaten für die Präsidentenwahl und holt damit
einen Scharfmacher an seine Seite. Mit dem Duo ist trotz der Furcht vor einer
Gewaltspirale nach dem Attentat auf Trump nicht mit gemäßigteren Tönen im
Wahlkampf zu rechnen. Der einstige Trump-Kritiker Vance gilt mittlerweile als
enger Verbündeter des früheren US-Präsidenten und ist mit seinen 39 Jahren ein
aufstrebender Star in der Republikanischen Partei.

Kurz nach der Verkündung der mit Spannung erwarteten Personalie bestätigte
der Parteitag in Milwaukee die Nominierung offiziell. Die Delegierten wählten zu
Beginn der Großveranstaltung im US-Bundesstaat Wisconsin auch Trump zum
Kandidaten für die Präsidentenwahl. Der Schritt galt nach dessen Sieg bei den
parteiinternen Vorwahlen als Formalie.

Aufsehenerregender Auftritt Trumps bei Parteitag

Am späten Abend (Ortszeit) trat Trump erstmals nach dem Attentat wieder
öffentlich auf. Der 78-Jährige trug eine Art weißen Verband am Ohr, reckte
erneut die Faust in die Höhe und wurde in der Veranstaltungshalle von den
Delegierten bejubelt. Er zeigte sich gemeinsam mit seinem sogenannten running
mate Vance - auf eine Rede auf der Bühne verzichtete er. Diese wird in der
deutschen Nacht zu Freitag erwartet.

Der demokratische Amtsinhaber Joe Biden, der nach dem Attentat auf Trump
dazu aufgerufen hatte, als Land zusammenzustehen und politische Diskussionen
weniger hitzig auszutragen, machte in einem Fernsehinterview indes klar, dass er
nicht vorhat, seinen Kontrahenten nun sanfter anzufassen. Er warf Trump vor,
regelmäßig zu zündeln und kündigte an, er werde dazu nicht schweigen.

Trump holt sich Bestseller-Autoren an seine Seite

Erst seit 2023 sitzt Vance für den Bundesstaat Ohio im Senat und gilt als
rechter Hardliner. Sollte Trump die Präsidentenwahl im November gewinnen, wäre
Vance einer der jüngsten Vizepräsidenten in der US-Geschichte. Er feierte einst
mit seinen Memoiren "Hillbilly-Elegie" Erfolge. Der Bestseller gibt Einblick in
eine Gesellschaftsschicht, die 2016 den Wahlsieg Trumps mit ermöglicht hatte.

Vance soll in der deutschen Nacht zu Donnerstag seine Antrittsrede halten,
Trump einen Tag später. Am Montag nahm Vance bei dem Parteitag zunächst ein Bad
in der Menge und wurde euphorisch bejubelt.

Vance war bereits länger im Gespräch

Vance nimmt kein Blatt vor den Mund und teilt gern aus. Nach dem Attentat
auf Trump begann er sofort zu hetzen und machte US-Präsident Joe Biden
persönlich für die Attacke verantwortlich. Im Senat votierte er im Frühjahr
gegen die milliardenschwere Hilfe für die von Russland angegriffene Ukraine.

Zum Parteitag in Milwaukee kam der Senator mit seiner Ehefrau Usha Chilukuri Vance. Die Juristin lernte Vance an der Elite-Universität Yale kennen, sie ist
Tochter indischer Einwanderer. Das Paar schüttelte zahlreiche Hände und ließ
sich feiern. Die Menge rief "USA, USA, USA". Vance galt schon länger als Favorit
für die Position des "Running Mate" - sein Name war jedoch nicht der einzige,
der fiel.

Attentat auf Trump überschattet Parteitag

In den vergangenen Tagen hatten sich die Ereignisse im ohnehin schon
aufgeheizten US-Wahlkampf überschlagen. Diskutierte vor vergangener Woche noch
das ganze Land über Bidens mentale Fitness und Eignung als
Präsidentschaftskandidat, verschob sich seit den Schüssen bei einem
Wahlkampfauftritt Trumps im Bundesstaat Pennsylvania der Fokus.

Wenige Stunden vor Beginn des Parteitags konnte Trump außerdem einen
gewaltigen juristischen Sieg einfahren. In der Affäre um die Mitnahme geheimer
Regierungsdokumente stellte die zuständige Richterin Aileen Cannon das
Strafverfahren gegen Trump ein. Der juristische Erfolg gibt dem Ex-Präsidenten
weiteren Rückenwind im Wahlkampf.

Nach dem Attentat auf Trump bei einem Wahlkampfauftritt am Wochenende hatte
Biden vor weiterer Gewalt gewarnt und die Amerikaner aufgerufen,
zusammenzurücken. "Wir lösen unsere Meinungsverschiedenheiten an der Wahlurne.
So machen wir es - an der Wahlurne, nicht mit Kugeln", sagte Biden bei einer
seltenen Ansprache an die Nation aus dem Oval Office im Weißen Haus.

Biden wirft Trump in TV-Interview zündelnde Rhetorik vor

Trotz seiner jüngsten Appelle zu Zusammenhalt im Land und Mäßigung im
Wahlkampf warf Biden seinem politischen Kontrahenten Trump in einem am
Montagabend (Ortszeit) ausgestrahlten Fernsehinterview zündelnde Rhetorik vor.
"Er spricht von einem Blutbad, falls er verliert", sagte Biden in einem
Interview des US-Fernsehsenders NBC.

Er argumentierte, Trumps Rhetorik heize die Debatte im Wahlkampf an, nicht
seine. "Ich bin nicht der Mann, der gesagt hat, ich will am ersten Tag ein
Diktator sein. Ich bin nicht der Mann, der sich geweigert hat, das Ergebnis der
Wahl zu akzeptieren. Ich bin nicht der Mann, der gesagt hat, dass er das
Ergebnis dieser Wahl nicht automatisch akzeptieren wird", sagte der Demokrat mit
Blick auf Äußerungen Trumps.

Auf die Frage, was er selbst tun wolle, um die politische Debatte im Land
etwas abzukühlen, sagte Biden, er werde weiter über die Dinge sprechen, auf die
es ankomme. In Anspielung auf Trump sagte er, dazu gehöre, ob jemand das
Ergebnis einer Wahl akzeptiere oder Migranten als "Ungeziefer" bezeichne. Dies
sei zündelnde Sprache.

Eiserne Unterstützer Trumps hatten nach dem Attentat auf ihren
Parteikollegen dem amtierenden Präsidenten vorgeworfen, seine Rhetorik gegenüber
dem Republikaner sei für die Attacke mitverantwortlich. Biden bezeichnet seinen
Konkurrenten regelmäßig als Gefahr für die US-Demokratie.

Ausnahmezustand in Milwaukee

Der Parteitag der Republikaner in Milwaukee begann unter hohen
Sicherheitsvorkehrungen. In der Stadt am Westufer des Lake Michigan waren
zahlreiche Straßen abgesperrt. Selbst in die Nähe des Veranstaltungsorts im
Zentrum der rund eine halbe Million Einwohner zählenden Stadt kam man nur nach
einer speziellen Sicherheitsüberprüfung. Bereits vor dem Attentat gegen Trump
planten die Veranstalter mit vielen Sicherheitsmaßnahmen.

Neben den Delegierten waren Tausende weitere Menschen nach Milwaukee gereist - darunter Politiker, Parteimitglieder und Pressevertreter. Zum Auftakt der
Großveranstaltung riefen die Delegierten "Kämpft, kämpft, kämpft!"./trö/DP/zb

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