27.05.2024 15:04:30 - dpa-AFX: POLITIK/Wissenschaftler: AfD hat eigene Erwartungen bei Wahlen nicht erfüllt

ERFURT/DRESDEN (dpa-AFX) - Nach Einschätzung des Dresdner
Politikwissenschaftlers Hans Vorländer ist die AfD von Parteirechtsaußen Björn
Höcke bei den Kommunalwahlen in Thüringen unter ihren selbst gesteckten Zielen
geblieben. "Nach jetzigem Stand kann man der AfD keinen Durchmarsch attestieren.
Die schlimmsten Befürchtungen sind nicht eingetreten", sagte Vorländer der
Deutschen Presse-Agentur am Montag in Erfurt. Das gelte vor allem für die
Eroberung von Landratsämtern oder Rathäusern in den großen Städten. Dort kam die
Partei zwar vielfach in die Stichwahlen, hat nach Meinung von Vorländer aber bei
der Entscheidung in zwei Wochen nicht die besten Chancen, diese auch zu
gewinnen. Die Erfahrungen in den vergangenen Monaten hätten gezeigt, dass in den
Stichwahlen die demokratischen Kandidaten in der Regel mehr Unterstützung
bekämen als die AfD-Bewerber.

Vorländer, Direktor des Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung,
sprach von einem Dämpfer für die AfD, dessen Auswirkung auf ihre Position bei
der Thüringer Landtagswahl im September aber derzeit noch nicht klar sei. Bei
der Landtagswahl gehe es vor allem um einen Dreikampf zwischen Ministerpräsident
Bodo Ramelow (Linke) sowie den Spitzenkandidaten von CDU und AfD, Mario Voigt
und Björn Höcke.

9 von 13 angetretenen AfD-Kandidaten kamen bei den 13 Landrats- und fünf
Oberbürgermeisterwahlen der kreisfreien Städte in die Stichwahl oder standen
nach dem Auszählungsstand am Montag kurz davor. Allerdings lag die AfD nur im
Landkreis Altenburger Land in Ostthüringen vorn. Teils landeten ihre Bewerber
deutlich hinter denen von CDU und SPD.

Der CDU - die traditionell in Thüringen eine starke Rolle in den Kommunen
spielt - bescheinigte Vorländer, einigermaßen mitgehalten zu haben. Die
Christdemokraten, die bei der Landtagswahl nach zehn Jahren in der Opposition in
die Regierung zurückkehren wollen, könnten ihr Abschneiden als Ermutigung sehen
- sollten die Unterschiede zur AfD aber deutlich markieren.

Die relative Stärke der AfD bei der Wahl der Kreistage und Stadträte der
kreisfreien Städte relativiert sich nach Ansicht von Vorländer dadurch, dass
eine Reihe anderer Parteien und Bürgerinitiativen für Mehrheiten sorgen könnten.

Vorländer äußerte sich außerdem zurückhaltend zum Thema Brandmauer zwischen
CDU und AfD. "Dieser Begriff führt vielfach nicht weiter." Problematisch sei es
dann, wenn die AfD in den Kommunalparlamenten einen Antrag einbringe -
beispielsweise zur Ausländerpolitik - und die anderen Parteien oder Initiativen
stimmten zu. Anders sei aus seiner Sicht die Lage, wenn die AfD bestimmten
Anträgen, wie beispielsweise zur Straßenplanung in einem Ort, zustimme. "Da ist
es Quatsch, von Brandmauer zu reden."/rot/DP/stw

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