26.06.2024 15:18:49 - dpa-AFX: Börse Frankfurt-News: "Neutral sein auf Rekordniveau" (Marktstimmung)

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Wieder einmal zieht es institutionelle
Investoren deutlich an die Seitenlinie. Allerdings mit einer interessanten
Tendenz.

26. Juni 2024. Nach der recht volatilen Vorwoche hat sich das Handelsgeschehen
um den DAX deutlich beruhigt, die Handelsspanne hat sich seit unserer
vergangenen Sentiment-Erhebung mit rund 1,7 Prozent sogar etwas mehr als
halbiert. Ein Umstand, der möglicherweise dem ersten Wahlgang zur französischen
Nationalversammlung am kommenden Sonntag, aber auch dem bevorstehenden
Halbjahresultimo geschuldet sein könnte. Allerdings gehören die Neuwahlen in
Frankreich nicht zu den am meisten gefürchteten Extremrisiken, die von
internationalen Fondsmanagern in einer Umfrage der Bank of America in der
vergangenen Woche genannt wurden. An erster Stelle auf deren Liste möglicher
Extremrisiken stehen stattdessen Inflationsängste, gefolgt von geopolitischen
Verwerfungen und dem Ergebnis der US-Wahl. Allerdings gab es zu diesen drei
Themen während des Berichtszeitraums kaum Marktbewegendes zu vermelden.

Zumindest die von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem
Handelshorizont scheinen sich derzeit vorzugsweise an der Seitenlinie
aufzuhalten. Zwar ist unser Börse Frankfurt Sentiment-Index um 7 Punkte auf
einen neuen Stand von +2 gestiegen, was in erster Linie vormals bearishen
Akteuren zuzuschreiben ist, die ihre Positionen eingedeckt und somit
wahrscheinlich Gewinne mitgenommen haben. Diese Gruppe verringert sich um 11
Prozentpunkte und stellt derzeit nur noch ein Viertel des Panels.

Pessimisten zieht es zu Seitenlinie

Aber auch bei den Optimisten gab es Positionsglattstellungen, weswegen sich das
Bullenlager um 4 Prozentpunkte verringert. Unter dem Strich ergibt sich somit
ein deutlicher Zuwachs bei den neutral gestimmten Investoren, die mit 48 Prozent
nicht nur die deutliche Mehrheit unter den Befragten stellen, sondern mit diesem
Wert sogar ein neues Allzeithoch markieren.

Nicht ganz so wild ging es bei den Privatanlegern zu, deren Börse Frankfurt
Sentiment-Index um 3 Punkte auf einen neuen Stand von +6 zurückfiel. Unter dem
Strich haben die Pessimisten 2 Prozentpunkte zugelegt, die sich zu gleichen
Teilen aus ehemaligen Bullen und vormals seitwärts gestimmten Anlegenden
rekrutieren. Dabei konnten wir bei den über Social Media befragten Akteuren
einen leicht steigenden Optimismus, bei denen übrigen Privatanlegern eher eine
Tendenz zum Pessimismus feststellen. Die Stimmungskluft zwischen diesen beiden
Untergruppen hat sich also wieder deutlich vergrößert.

Mutigere Privatanleger?

Per Saldo hat sich die bisherige Stimmungskluft zwischen institutionellen und
privaten Investoren mit der heutigen Befragung fast in Luft aufgelöst. Am Ende
fällt allerdings auch auf, dass mit 20 Prozent der Anteil der neutral gestimmten
Akteure bei den Privatanlegern im Vergleich zu den institutionellen Pendants
erheblich geringer ausfällt. Dass gerade die institutionellen Investoren fast
zur Hälfte mit einem gleichbleibenden DAX rechnen, mag tatsächlich dem
bevorstehenden Halbjahresultimo zuzuschreiben sein. Bei näherer Betrachtung wird
allerdings auch deutlich, dass die relative Sicht auf drei und sechs Monate ein
bullisheres Bild ergibt, als es das absolute Niveau von +2 vermittelt.

Auch wenn es sich gerade im 6-Monatsbereich um den dritthöchsten Stand des
Sentiment-Index handelt, ist dieser relative Optimismus nicht hoch genug, um per
se eine Bedrohung für den DAX darzustellen. Allerdings reicht die jüngste
Entwicklung dazu aus, an der Oberseite das Fortkommen der Aktienkurse wegen
etwaiger Gewinnmitnahmen (vermutlich erstmals deutlicher im Bereich 18.500/550)
zu behindern. Im gleichen Zuge ist die Unterseite verletzlicher als zuvor,
selbst wenn sich derzeit neutral eingestellte Investoren zu einem bullishen
Einstieg auf niedrigem Niveau entschließen sollten. Diese Nachfrage reicht vor
allen Dingen dann nicht aus, wenn sich langfristig orientierte Anleger
(insbesondere aus dem Ausland) von Aktien der Eurozone, in der sie vermutlich
immer noch sehr stark investiert sind, trennen sollten.

Von Joachim Goldberg

26. Juni 2024, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die
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