16.07.2024 06:19:25 - dpa-AFX: Entwicklungshilfe-Vertreter kritisieren Etatkürzungen

BERLIN (dpa-AFX) - Hilfsorganisationen kritisieren die geplanten Kürzungen
im Entwicklungsetat der Ampel-Regierung und warnen vor einem wachsenden Einfluss
Russlands und Chinas. "Dieser Entwurf sendet das falsche Signal an die Menschen
im globalen Süden, die trotz aller Widrigkeiten nicht aufgeben und für ihre
Familien und Gemeinschaften etwas verändern wollen", sagte die Präsidentin der
Welthungerhilfe, Marlehn Thieme, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Wir
öffnen dadurch anderen Staaten wie China oder Russland größere
Einflussmöglichkeiten in Regionen, die uns wichtig sein sollten."

Es geht um den Entwurf für den Haushalt für 2025, der am Mittwoch im
Kabinett beschlossen werden soll. Danach geht er in den Bundestag, wo er noch
verändert werden kann und kurz vor Jahresende verabschiedet werden soll. Die
Haushaltsverhandlungen waren in diesem Jahr außerordentlich hart. Einschnitte
mussten vor allem das Auswärtige Amt, das Wirtschaftsministerium und eben das
Entwicklungsministerium hinnehmen.

Der Europadirektor der Entwicklungsorganisation One, Stephan Exo-Kreischer,
warf der Ampel eine kurzsichtige und widersprüchliche Politik vor. "Die
Bundesregierung übt Selbstsabotage", sagte er. "Dieser Haushalt bedeutet die
außen- und entwicklungspolitische Verzwergung Deutschlands." Berlins Etatpläne
spielten Moskau und Peking in die Karten, denen es geopolitisch eigentlich die
Stirn habe bieten wollen. "Stattdessen sparen wir ausgerechnet bei Investitionen
in Partnerländern, in denen sich Russland und China immer breiter machen." Die
Präsidentin von Brot für die Welt, Dagmar Pruin, forderte ein Eingreifen des
Parlamentes. "Es ist Aufgabe des Bundestages, in den kommenden Wochen die
geplanten Kürzungen zu verhindern und Prioritäten wieder richtig zu setzen."

Kritik an dem Etatentwurf kam auch aus der Unionsfraktion im Parlament. Der
entwicklungspolitische Sprecher der CDU/CSU, Volkmar Klein, sagte dem RND: "Die
von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufene Zeitenwende muss bedeuten, dass wir in
der Außenpolitik Verantwortung tragen und kein Vakuum entstehen lassen. Die
Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit sind da nicht der richtige Weg." Es
sei richtig, dass auch das Entwicklungsministerium einen Beitrag zur
Haushaltskonsolidierung leiste, aber die Einschnitte gingen zu weit.
"Spätestens, wenn aufgrund gekürzter oder ausbleibender Unterstützung in
Flüchtlingslagern und Erstaufnahmeländern wieder mehr Flüchtlinge nach
Deutschland kommen, wird deutlich, dass im Entwicklungsetat zu viel gekürzt
wurde."/bg/DP/zb

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