24.05.2024 06:16:36 - dpa-AFX: VERMISCHTES: Verdreifachung der Keuchhusten-Fälle: Was man wissen sollte

BERLIN (dpa-AFX) - Bellender krampfartiger Husten, der den gesamten Körper
schüttelt: In diesem Jahr erkranken in Deutschland besonders viele Menschen an
Keuchhusten - eine Entwicklung, die sich in ganz Europa beobachten lässt. Was
man dazu wissen sollte.

Warum sind die Zahlen in diesem Jahr so hoch?

Der aktuelle Anstieg hat vermutlich mehrere Ursachen. So sagte die
Kinderärztin und Epidemiologin Viktoria Schönfeld vom Robert Koch-Institut (RKI)
der Deutschen Presse-Agentur: "Es gibt natürliche Schwankungen, durch die alle
drei, vier, fünf Jahre deutlich höhere Zahlen zu beobachten sind. Es kann sein,
dass wir jetzt auch in so was reinrutschen." Dazu kommen laut Schönfeld
Nachholeffekte nach der Corona-Pandemie sowie häufigere Keuchhusten-Tests.

Wie äußert sich Keuchhusten?

Die hoch ansteckende Krankheit verläuft nach Angaben des RKI bei Ungeimpften in drei Stadien: In den ersten ein bis zwei Wochen treten erkältungsähnliche
Symptome wie Schnupfen und leichter Husten sowie leichtes oder gar kein Fieber
auf.

Im zweiten Stadium, das vier bis sechs Wochen andauere, komme es zu den
typischen krampfartigen Hustenanfällen, die mit einem keuchenden Einziehen der
Luft enden können. Die Hustenanfälle können mit Würgen und Erbrechen
einhergehen, wobei das Erbrechen vor allem bei Kleinkindern auftritt. Auch in
dieser Phase ist Fieber eher selten.

Im dritten Stadium klingt die Erkrankung langsam ab. Der Reizhusten kann
allerdings noch über Monate anhalten.

Welche Komplikationen sind möglich?

Die häufigste Komplikation bei Keuchhusten ist laut RKI eine
Lungenentzündung (Pneumonie). Bis zu zehn Prozent der erkrankten Säuglinge und
älteren Menschen seien davon betroffen. Andere mögliche Komplikationen seien
unter anderem Nasennebenhöhlen- und Ohrentzündungen, Inkontinenz sowie Leisten-
und Rippenbrüche bei besonders starken Hustenanfällen.

Wie lange dauert die Inkubationszeit?

Die Inkubationszeit - also die Zeit zwischen dem Eindringen des Erregers und dem Auftreten erster Symptome - beträgt laut RKI meist neun bis zehn Tage.

Wie steckt man sich an und wie lange ist man ansteckend?

Keuchhusten (Pertussis) wird durch Bakterien - meist durch das Bakterium
Bordetella pertussis - ausgelöst. Die Ansteckung mit Keuchhusten erfolgt durch
Tröpfcheninfektion, hauptsächlich beim Niesen, Husten oder Sprechen. Die
Ansteckungsfähigkeit ist in den ersten beiden Wochen der Infektion besonders
hoch und kann bis zu fünf Wochen nach Krankheitsbeginn anhalten.

Wer ist besonders gefährdet?

Nach Angaben des RKI verläuft die Erkrankung bei Jugendlichen und
Erwachsenen sowie den meisten geimpften Kindern oft lediglich als lang
andauernder Husten.

Zu Komplikationen kann es aber bei Menschen mit Grunderkrankungen, Älteren
und Neugeborenen kommen. "Richtig gefährlich ist Keuchhusten für Säuglinge, und
zwar für die, die sehr klein, also unter einem halben Jahr alt sind", so
RKI-Expertin Schönfeld. Wenn Säuglinge erkrankten, kämen viele von ihnen zur
Beobachtung oder Behandlung ins Krankenhaus. "Das Risiko bei Säuglingen ist,
dass sie nicht unbedingt mit Husten auffallen, sondern wie bei vielen anderen
Erkrankungen aufhören zu trinken und schlapp sind. Anstelle von Hustenattacken
haben sie häufig Atemaussetzer. Das ist, was das Ganze gefährlich macht."
Todesfälle gebe es in Deutschland aber selten.

Wie wird Keuchhusten behandelt?

In der Therapie werden Antibiotika eingesetzt, die aber meist nur in den
ersten drei Wochen der Infektion wirksam sind und daher entsprechend früh
eingesetzt werden sollten.

Gegen den oft noch Monate andauernden Husten empfiehlt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen häufiges Trinken und frische Luft. "Regelmäßige
Inhalationen mit Meersalz sowie warme Brustwickel mit Zitronensaft vor dem
Schlafengehen gelten als Hausmittel, die die Beschwerden ein wenig lindern",
heißt es zudem auf der Seite des Verbands.

Wie wird gegen Keuchhusten geimpft und wie lange hält der Schutz?

Mit Blick auf deren besonderes Risiko empfiehlt die Ständige Impfkommission
(Stiko) für alle Kinder und Säuglinge die Impfung, die in Form von drei Dosen -
in der Regel als Dreifach-Impfstoff gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten -
im ersten Lebensjahr verabreicht wird. Damit die Immunität anhält, muss die
Impfung im Vorschul- und Jugendalter sowie als Erwachsener aufgefrischt werden.

Darüber hinaus empfiehlt die Stiko seit März 2020 allen Schwangeren zu
Beginn des dritten Trimesters, sich gegen Keuchhusten impfen zu lassen - und das
unabhängig von der letzten Auffrischung. Besteht das Risiko einer Frühgeburt,
sollte die Impfung bereits im zweiten Schwangerschaftsdrittel erfolgen. Auf
diese Weise soll ein Nestschutz für das neugeborene Kind aufgebaut werden, der
dieses bis zur ersten Impfung schützt.

Schützt mich eine Keuchhusten-Infektion für den Rest des Lebens?

Eine Keuchhusten-Infektion baut laut RKI keine lebenslange Immunität auf.
Genesene seien maximal 10 bis 20 Jahre vor einer erneuten Ansteckung geschützt.

Muss ich mit Keuchhusten in Quarantäne?

Keuchhusten ist eine meldepflichtige Erkrankung. Nach Angaben der
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gelten die Regeln des
Infektionsschutzes, um andere Menschen vor der Erkrankung zu schützen. "Kinder
und Erwachsene, die an Keuchhusten erkrankt sind oder bei denen der Verdacht auf
Keuchhusten besteht, dürfen Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen oder
Kindergärten vorübergehend nicht besuchen oder dort tätig sein", heißt es beim
BZgA-Informationsangebot "Infektionsschutz".

Betroffene müssten die Gemeinschaftseinrichtung über die Erkrankung
informieren. "Ein Aufenthalt in Gemeinschaftseinrichtungen ist in der Regel fünf
Tage nach Beginn der Antibiotika-Therapie wieder erlaubt oder wenn durch einen
Abstrich ein Verdacht auf eine Erkrankung ausgeräumt werden konnte, sofern der
Gesundheitszustand es zulässt." Ohne Antibiotika-Behandlung sei eine
Wiederzulassung in der Regel drei Wochen nach Beginn des Hustens
möglich./all/bum/DP/stk

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