07.06.2024 09:37:39 - dpa-AFX: WDH/TV-Kosten für Mieter: Bald fällt das 'Nebenkostenprivileg'

(In der fünften Frage wurde berichtigt: Was bedeutet - statt: Wie
bedeutet)


MÜNCHEN (dpa-AFX) - Wenige Wochen vor dem Auslaufen einer gesetzlichen
Regelung, nach der Mieter die Gebühren für TV-Anschlüsse über die Nebenkosten
beglichen haben, kommen möglicherweise Millionen Mieter in Deutschland
allmählich unter Zeitdruck. Sie müssen selbst Verträge abschließen, sofern sie
wie bisher fernsehen wollen. Ein Überblick über das Thema.

Worum geht es?

Vier Jahrzehnte lang gab es das "Nebenkostenprivileg", auch Umlagefähigkeit
genannt. Mieter zahlten die Kosten für das Fernsehsignal für Kabelfernsehen über
die Betriebskosten, also mit der Miete. Der Mieter musste sich um nichts kümmern
- das war praktisch, zumal der Monatspreis mit einem einstelligen Euro-Betrag
recht niedrig war. Das lag daran, dass jeder Mieter eines Hauses mitmachte und
der Vermieter in dem Sammelvertrag einen dicken Mengenrabatt bekommen hatte. Der
Haken daran: Nicht alle Mieter wollten mitziehen - manch einer hätte sich die
Kabelkosten lieber gespart.

Was ändert sich?

Ab Juli dürfen die Vermieter die TV-Kosten nicht mehr auf die Mieter
umlegen. Die Mieter, die bislang über die Nebenkosten bezahlt haben, müssen
eigene vertragliche Wege gehen. Als Alternativen zu den Kabelbetreibern Vodafone
und Tele Columbus bieten sich Online-Dienste wie
Magenta TV von der Deutschen Telekom sowie Waipu und Zattoo an, auch
Antennen-Fernsehen und Satellitenschüsseln sind Optionen - vorausgesetzt, der
Vermieter erlaubt die Schüsseln am Balkon oder auf dem Dach. Der Mieter muss
also einen eigenen Vertrag abschließen oder bei einem neuen Vertragskonstrukt
von Vodafone mitmachen, bei dem der Mieter mitmachen kann, aber nicht muss -
bezahlen tut er das separat zur Miete.

Droht bald ein schwarzer Bildschirm, wenn man als Mieter das Frist-Ende
ignoriert?

Jein. Einen schnellen harten Schnitt wird es nicht geben, heißt es von
Vodafone: Das Fernsehsignal wird also nicht ruckzuck abgestellt, nur weil der
Sammelvertrag des Vermieters keine Gültigkeit mehr hat. Zugleich erhöhen die
Anbieter aber den Druck. "Wir tun alles, um Mieter über die bevorstehende
gesetzliche Änderung zu informieren und werden sie auch mehrfach kontaktieren",
sagt Deutschlandchef Marcel de Groot und fügt hinzu: "Wo Mieter sich trotz
mehrmaliger Kontaktaufnahme gegen einen Kabel-TV-Anschluss entscheiden, werden
wir auch Anschlüsse abklemmen." Auch von Tele Columbus mit der Marke Pÿur heißt
es, man informiere mehrfach und schalte erst dann ab.

Wie viele Mieter haben denn noch nichts getan?

Jahrelang waren gut 12 Millionen Mieter vom Nebenkostenprivileg betroffen,
inzwischen dürften es weniger sein, schließlich haben schon viele Vermieter ihre
Sammelverträge gekündigt und die Mieter informiert, dass sie auf eigenen Beinen
stehen oder sich neuen Vertragskonstruktionen anschließen sollten. Laut einer
Yougov-Umfrage im Auftrag des Preisvergleichsportals Check24 haben sich 30
Prozent der Mieter bislang nicht entschieden, wie sie künftig fernsehen wollen.
Die Befragung ist von Ende April.

Was bedeutet das Ende des Nebenkostenprivilegs für die Firmen?

Der Wettbewerb ist voll entbrannt, die Deutsche Telekom ,
Waipu und Zattoo wittern Morgenluft - für ihr Geschäft war das
Nebenkostenprivileg ein Bremsklotz, der nun wegfällt. Platzhirsch Vodafone muss
Einbußen hinnehmen, im ersten Quartal 2024 sank die Zahl der TV-Kunden um 650
000 auf 11,8 Millionen. Etwa zwei Drittel davon sind Mieter, die vom
Nebenkostenprivileg betroffen sind, der Rest sind Eigenheim-Besitzer und Mieter,
die eigene Fernsehverträge haben. Vodafone und Tele Columbus versuchen der
misslichen Lage etwas Positives abzugewinnen und die Nutzer mit neuen Verträgen
zu halten, sie suchen das Gespräch und wollen dabei gleich auch Internetverträge
mitverkaufen. Die sind für Verbraucher günstiger als die Buchung vom Kabel-TV
und separat dazu vom Internet.

Ist die Deutsche Telekom der große Gewinner?

Die Bonner sind zweifelsfrei ein Gewinner der neuen Regelung, wenngleich die Zugewinne bisher übersichtlich sind. So legte der Bonner Konzern im ersten
Quartal 2024 bei seinem Magenta TV um 126 000 Kunden zu und kam damit auf rund
4,4 Millionen. Im Vergleich zum starken Minus von Vodafone ist das aber ein eher
schwaches Plus. Hierauf angesprochen, weist Telekom-Finanzchef Christian Illek
auf "Cord-Cutter" hin, Kabel-Abschneider. Das seien "Leute, die sagen, ich
brauche das Ganze gar nicht mehr, und die nehmen überhaupt kein TV mehr, sondern
nur noch Streaming-Angebote". Dadurch schrumpft der Fernsehmarkt. Für manche
Apps sind zwar Gebühren fällig, öffentlich-rechtliche Sender können aber
beispielsweise über die ARD-Mediathek kostenlos geguckt werden.

Wird es teurer für Mieter, die fernsehen wollen?

Vermutlich ja, aber nur etwas. Bei Vodafone lag die Preisspanne grob gesagt
bei sieben bis neun Euro pro Monat, künftig sind es laut Firmenangaben vom
Jahresbeginn circa acht bis zehn Euro - vorausgesetzt, es wird eine neue
Vereinbarung genutzt, die eine gewisse Menge an Abnehmern enthält. Liegt
hingegen kein Rahmenvertrag vor und ist der Mieter als Einzelkunde auf sich
allein gestellt, muss er bei Vodafone monatlich knapp 13 Euro berappen. Beim
Streaming-Anbieter Zattoo kostet der günstigste Tarif 6,49 Euro und bei Waipu
7,49 Euro an. Für beide Online-Dienste ist ein separater Internetvertrag nötig,
der bei Magenta TV über die Telekom schon inbegriffen sein kann.

Was sagen Verbraucherschützer?

Grundsätzlich begrüßen sie das Ende des Nebenkostenprivilegs, schließlich
bekommen Mieter dadurch eine Wahlfreiheit bei der Fernsehnutzung. Allerdings
warnen Verbraucherschützer vor unseriösen Vertrieblern, die an der Tür klingeln
und den Mieter zur Unterschrift drängen. "Manchmal wird vorgegaukelt, der Mieter
müsse jetzt schnell einen Vertrag unterschreiben, ansonsten falle Fernsehen und
Internet weg - obwohl das gar nicht stimmt, man kann auch später unterschreiben
und sich erst einmal anderweitig informieren", sagt Felix Flosbach von der
Verbraucherzentrale NRW. Immer wieder erreichten Beschwerden über solche
unlauteren Haustürgeschäfte die Verbraucherzentralen./wdw/DP/zb
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
DT.TELEKOM AG NA 555750 Xetra 22,670 18.06.24 14:40:19 +0,100 +0,44% 22,670 22,680 22,740 22,570
VODAFONE GROUP PLC A1XA83 Xetra 0,834 18.06.24 14:31:21 +0,010 +1,19% 0,834 0,834 0,834 0,824
TELE COLUMBUS AG NA O.N. TCAG17 Hamburg 0,510 18.06.24 08:16:11 -0,020 -3,77% 0,510 0,540 0,510 0,530

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH