14.05.2024 06:30:03 - dpa-AFX: ROUNDUP/Cohen: Trump wollte Schweigegeldzahlung und hat Geld zurückgezahlt

NEW YORK (dpa-AFX) ? Im Strafprozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten
Donald Trump hat Kronzeuge Michael Cohen begleitet von riesigem medialem
Interesse über Details zu den Schweigegeld-Zahlungen an eine Pornodarstellerin
ausgesagt. Der damalige Präsidentschaftskandidat Trump habe ihm kurz vor der
US-Wahl 2016 die Zahlung an Erotikstar Stormy Daniels aufgetragen und eine
Erstattung des Gelds versprochen, sagte Cohen am Montag vor Gericht in New York.
Das berichteten anwesende Journalisten übereinstimmend. Trump war persönlich im
Saal anwesend, gab sich aber meist unbeteiligt. Cohen wird seine Aussage an
diesem Dienstag fortsetzen.

Daniels wollte damals ihre Geschichte von einer angeblichen Affäre mit Trump an Medien verkaufen. Trump habe seinen Anwalt Cohen dessen eigenen Angaben
zufolge daraufhin angewiesen, 130 000 Dollar zu überweisen, um ihr Schweigen zu
kaufen. "Mach es einfach", habe Trump zu Cohen gesagt - und auch der
Rückerstattung des Geldes zugestimmt.

Cohen wird als zentrale Figur gesehen, um eine direkte Verbindung zwischen
Trump und den Schweigegeld-Zahlungen an Daniels herzustellen. Die
Staatsanwaltschaft beschuldigt Trump, seine Aussichten auf einen Erfolg bei der
Präsidentschaftswahl 2016 durch die Zahlung von 130 000 Dollar an die
Pornodarstellerin Daniels verbessert haben zu wollen. Obwohl die Zahlung selbst
nicht illegal war, soll der heute 77-Jährige bei der Erstattung des Betrages an
Cohen Unterlagen manipuliert haben, um den wahren Grund der Transaktion zu
verbergen. Dies habe die Zahlungen zu illegaler Wahlkampf-Finanzierung gemacht.

Um die Aussage Cohens, der wegen Lügen in der Vergangenheit als
problematischer Zeuge gesehen wird, zu stützen, zeigte Staatsanwältin Susan
Hoffinger den zwölf Geschworenen eine große Zahl an E-Mails, Daten zu
Telefonanrufen und andere Dokumente. Dabei ging es der Anklage auch darum, zu
zeigen, dass Trump stets informiert war über die jüngsten Ereignisse um die
Zahlung des Schweigegeldes war.

Es handelt sich um den ersten Strafprozess gegen einen ehemaligen
Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Trump droht eine
mehrjährige Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte,
oder eine Geldstrafe. Das Verfahren könnte sich auf den Wahlkampf in den USA
auswirken. Trump, der im November erneut US-Präsident werden will, hat auf nicht
schuldig plädiert.

Cohen beschrieb am Montag zudem, wie er vor der US-Wahl 2016 systematisch
negative Berichte über den damaligen Präsidentschaftskandidaten unterdrückt
hätte. Er habe dafür mit dem ehemaligen Herausgeber eines Boulevardblattes,
David Pecker, zusammengearbeitet. Dabei sei es einerseits darum gegangen,
"positive Geschichten über Herrn Trump, die von Vorteil" für die anstehende
Präsidentenwahl waren, im Trump-nahen "National Enquirer" zu verbreiten.
Andererseits habe er mit Pecker daran gearbeitet, negative Berichte, die Trump
außereheliche Affären vorwarfen, zu verhindern. Dazu seien unter anderem die
Rechte an diesen Geschichten gekauft worden, ohne diese jemals veröffentlichen
zu wollen. Cohen bestätigte damit Peckers Aussage von Ende April.

Trump meist stoisch - außer einmal

Trump schien den Berichten zufolge die meiste Zeit ungerührt, hatte
teilweise die Augen geschlossen, was einige Medien mutmaßen ließ, er sei
eingeschlafen. Der Angeklagte hatte seine bislang größte Entourage mit zum
Prozess gebracht. Auch sein Sohn Eric Trump war anwesend, sein Blick hinüber zu
Cohen wurde als abschätzig beschrieben.

Der Anklage geht es auch darum, ihre Behauptung stützen, dass es Trumps Ziel gewesen war, seinen Wahlkampf vor negativen Berichten zu schützen, um bessere
Chancen bei der Abstimmung im November 2016 zu haben. Dies soll einer möglichen
Argumentation der Verteidigung entgegenwirken, dass es Trump bei der Zahlung an
Pornostar Daniels lediglich darum gegangen sei, Schaden von seiner Familie
abzuwenden.

Cohen wurde in Bezug auf die mögliche Veröffentlichung von Daniels'
Geschichte am Montag deutlich: Diese wäre "katastrophal" gewesen, das sei auch
Trump bewusst gewesen. "Er dachte nicht an (Ehefrau) Melania. Hier drehte sich
alles um den Wahlkampf", sagte Cohen. Bei dieser Beschreibung habe Trump
energisch mit dem Kopf geschüttelt, hieß es in den Medienberichten.

Einst loyaler Trump-Mann, nun verurteilter Lügner - und zentraler Zeuge

Bekannt wurde Cohen als Trumps rechtlicher "Ausputzer" mit enger Beziehung
und direktem Zugang zu diesem - einst sagte er, er würde eine Kugel für Trump
abfangen. Trumps Verteidigung hatte Cohen bei den Eröffnungsplädoyers jedoch als
von Rachegelüsten Getriebenen dargestellt, der bereits unter Eid gelogen hatte.
Auch im anstehenden Kreuzverhör dürfte sie ihn als unglaubwürdig porträtieren.

Der heute 57-jährige Cohen hatte schon 2018 auch wegen seiner Rolle bei eben jenen Schweigegeldzahlungen an Stormy Daniels auf schuldig plädiert - und unter
anderem wegen Falschaussage eine Haftstrafe abgesessen. 2018 war Trump noch
US-Präsident und wurde von der Staatsanwaltschaft nicht strafrechtlich verfolgt.

Bei dem Prozess in New York hatte zunächst der Zeuge Pecker ausgesagt. Der
ehemalige Herausgeber des "National Enquirer" bestätigte dabei ebenfalls das
Narrativ der Anklage, dass Cohen und er im Auftrag Trumps vor der US-Wahl 2016
negative Berichte unterdrücken sollten, indem sie die Rechte an ihnen kauften.
Vergangene Woche war Pornostar Daniels selbst in den Zeugenstand getreten und
hatte eine wenig schmeichelhafte und detaillierte Aussage zum Geschlechtsverkehr
mit Trump gemacht.

Die Staatsanwaltschaft hatte angekündigt, dass sie die Vernehmung ihrer
Zeugen in dieser Woche beenden könnte. Danach wäre es an der Verteidigung,
entlastende Zeugen aufzurufen, bevor es zu den Schlussplädoyers kommt. Die zwölf
Geschworenen müssen in der Folge eine einstimmige Entscheidung treffen. Richter
Juan Merchan würde bei einer Verurteilung das Strafmaß festlegen./scb/DP/zb

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