14.05.2024 12:45:07 - dpa-AFX: ROUNDUP: Schärfere EU-Asylregeln endgültig beschlossen

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Nach Jahren des Streits haben die EU-Mitgliedstaaten
endgültig schärfere Vorschriften im Asylrecht gebilligt. Der Ministerrat nahm am
Dienstag in Brüssel die Reformpläne an. Kernelemente sind unter anderem schnelle
Asylverfahren an den Außengrenzen und Unterstützung für die EU-Staaten, in denen
besonders viele Migranten ankommen.

Die Bestätigung durch den Rat der Europäischen Union war der letzte
notwendige Schritt für die Reform. Vorgeschrieben sind nun unter anderem
einheitliche Verfahren an den Außengrenzen, damit rasch festgestellt wird, ob
Asylanträge unbegründet sind und geflüchtete Menschen dann schneller und direkt
von der Außengrenze abgeschoben werden können. So sollen Asylgesuche von
Menschen aus Herkunftsstaaten mit einer EU-weiten Anerkennungsquote von weniger
als 20 Prozent bereits in Auffanglagern an den Außengrenzen geprüft werden. Das
könnte etwa für Migranten aus Marokko, Tunesien oder Bangladesch gelten.

Jahrelang wurde über eine Reform diskutiert

An einer Asylreform wird bereits seit 2015 und 2016 intensiv gearbeitet.
Damals waren Länder im Süden Europas wie Griechenland mit einer Vielzahl von
ankommenden Menschen aus Ländern wie Syrien überfordert. Hunderttausende kamen
unregistriert in andere EU-Staaten. Dies hätte eigentlich nicht passieren
dürfen, denn nach der sogenannten Dublin-Verordnung sollen Asylbewerber da ihr
Verfahren durchlaufen, wo sie die Europäische Union zuerst betreten haben.

Was künftig gelten soll

Die Reform leitet insbesondere einen deutlich härteren Umgang mit Menschen
aus Ländern ein, die als relativ sicher gelten. Ein Drittstaat darf nur dann als
sicher eingestuft werden, wenn eine strikte Liste von Kriterien erfüllt ist. So
müssen zum Beispiel das Leben und die Freiheit des Antragstellers garantiert
werden.

Auch die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten wird mit einem
"Solidaritätsmechanismus" neu geregelt. Damit sollen jene Länder, in denen viele
Geflüchtete ankommen, entlastet werden - also beispielsweise Italien,
Griechenland oder Spanien. Geplant ist, dass pro Jahr mindestens 30 000
Geflüchtete aus diesen Ländern in andere EU-Staaten umverteilt werden. Wenn die
Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, zum
Beispiel in Form von Geldzahlungen.

Warum die neuen Vorschriften umstritten sind

Zuvor hatte es massive Kritik an der Reform gegeben, unter anderem, weil
auch Familien mit Kindern in die streng kontrollierten Auffanglager kommen
könnten. Die Bundesregierung und das Europaparlament hatten versucht, dies zu
verhindern, scheiterten in den Schlussverhandlungen allerdings am Widerstand von
Ländern wie Italien.

Für Kritik sorgte auch, dass abgelehnte Asylbewerber künftig leichter in
sichere Drittstaaten abgeschoben werden können. Denn mit der Einigung können
jetzt mehr Drittstaaten als sicher eingestuft werden, dies gilt auch für bloße
Teilgebiete von Staaten. Grundlage dafür können auch nationale Einschätzungen
sein.

Wie es weitergeht

Zuvor hatte bereits das Europaparlament die Reformpläne gebilligt. Nach der
Bestätigung der EU-Länder werden sie nun im Amtsblatt veröffentlicht und treten
20 Tage später in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben den Angaben zufolge nach dem
Inkrafttreten zwei Jahre Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen. Das soll den
Ländern an den Außengrenzen genügend Zeit geben, entsprechende Einrichtungen zur
Unterbringung von Menschen aus Staaten mit einer Anerkennungsquote von weniger
als 20 Prozent zu schaffen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte vor Wochen an, dass
Deutschland die notwendigen Anpassungen "sehr viel schneller vornehmen" werde.
Die SPD-Politikerin hofft, dass die Reform die deutschen Grenzen und damit auch
die Kommunen hierzulande entlasten wird. Europaweit werden in Deutschland die
meisten Asylanträge gestellt.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einer "wirklich historischen Einigung
der EU. "Wir haben nun in der EU eine deutlich bessere Grundlage: Für eine
humane Begrenzung von irregulärer Migration. Für verlässliche Registrierungen an
den Grenzen. Für einen solidarischen Ansatz, der auch Länder wie Deutschland und
Schweden entlasten wird.

Polizeigewerkschaft: Der Migrationsdruck wird nach wie vor hoch bleiben

Die Deutsche Polizeigewerkschaft ist dagegen skeptisch. "Der Migrationsdruck nach Europa und insbesondere nach Deutschland wird nach wie vor hoch bleiben",
sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Heiko Teggatz, auf Anfrage der Deutschen
Presse-Agentur. "Solange insbesondere Deutschland die Anreize nach Deutschland
zu migrieren nicht umgehend reduziert beziehungsweise abschafft, werden die
Menschen weiterhin versuchen, illegal nach Deutschland einzureisen."

Seiner Aussage nach braucht es konsequente Zurückweisungen an den
EU-Außengrenzen. Die Bundespolizei müsse diese Kontrollen sonst an den deutschen
Grenzen nachholen. "Die Grenzkontrollen jetzt einzustellen, wäre
sicherheitspolitisch ein fataler Fehler", ergänzte Teggatz./svv/DP/men

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