10.07.2024 19:11:32 - dpa-AFX: ROUNDUP: Macron fordert Parteien zur Bildung von Großer Koalition auf

PARIS (dpa-AFX) - Nach der Parlamentswahl in Frankreich hat Präsident
Emmanuel Macron die Parteien zur Bildung einer großen Koalition aller
bürgerlichen Parteien aufgerufen. Nötig sei ein aufrichtiger Dialog, um eine
solide und aus verschiedenen Parteien bestehende Mehrheit für das Land zu
schaffen, sagte Macron in einem in zahlreichen Zeitungen veröffentlichen Brief
an die Bevölkerung.

Macron äußerte sich damit erstmals zum Ausgang der Wahl vom Sonntag, bei dem sein Mitte-Lager unterlegen war. Er erteilte einer Regierungsbildung durch das
siegreiche Linksbündnis eine Absage. Das neue Bündnis hatte Macron am
Dienstagabend aufgefordert, es mit der Regierungsbildung zu beauftragen.

Linksbündnis alleine nicht regierungsfähig

Der Zusammenschluss von Grünen, Sozialisten, Kommunisten und der Linkspartei wurde zwar stärkste Kraft, ist von einer absoluten Mehrheit aber weit entfernt.
Ohne weitere Partner wäre das Bündnis nicht regierungsfähig und könnte von den
übrigen politischen Lagern blockiert werden.

Macron rief die Parteien auf, den Schulterschluss gegen rechts, der einen
Sieg des Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen verhindert habe, jetzt
für die Bildung einer Regierung zu nutzen. Als Partner einer großen Koalition
wünschte Macron sich Parteien, die die Institutionen der Republik anerkennen und
europäisch orientiert sind. Ob er damit neben dem europaskeptischen RN auch die
Linkspartei La France insoumise ausschließt, präzisierte er nicht.

Da die politischen Kräfte etwas für den nötigen Kompromiss etwas Zeit
brauchten, werde die bisherige Regierung zunächst geschäftsführend im Amt
bleiben, sagte Macron. Eine Frist zur Ernennung eines neuen Premierministers hat
der Präsident nicht.

Linkspartei und Sozialisten buhlen um Vorherrschaft

Die Parteien rangen unterdessen auch drei Tage nach der Wahl weiter darum,
welches politische Lager künftig die Regierung stellt. Das Linksbündnis
sondierte nach seinem überraschenden Sieg, wer für den Fall einer
Regierungsbildung als Premierminister vorgeschlagen werden soll. Bei einer
nächtlichen Sitzung der Sozialisten und der Linkspartei sei keine Einigkeit
erzielt worden, berichtete der Sender France Info. Beide Parteien buhlen um die
Vorherrschaft im Linksbündnis.

Die Sozialisten sehen demnach ihren Parteichef Olivier Faure als geeigneten
Kandidaten. Die Linkspartei sprach sich für ihre Abgeordnete Clémence Guetté
aus, die bereits den Präsidentschaftswahlkampf von Linksparteigründer Jean-Luc
Mélenchon 2022 organisierte. Das Linksbündnis war ohne Spitzenkandidaten in die
Parlamentswahl gegangen und hatte angekündigt, bis Ende dieser oder Anfang
kommender Woche einen Kandidaten für das Amt des Premierministers zu benennen.

Bändeln Konservative oder Sozialisten mit Macrons Lager an?

Das rechtsnationale RN sieht sich bereits klar in der Oppositionsrolle.
Vertreter anderer Parteien und Strömungen innerhalb der Lager spielten
unterdessen Möglichkeiten der Kooperation oder Koalition durch, um zu einer
Mehrheit und damit der Möglichkeit der Regierungsbildung zu gelangen.

Sowohl die Sozialisten als auch die konservativen Républicains prüften mit
Macrons Mitte-Lager Möglichkeiten der Kooperation, berichtete der Sender BFMTV.
Dem Sender zufolge gebe es im linken Flügel des bisherigen Regierungsblocks
außerdem Überlegungen, mit der früheren Premierministerin Élisabeth Borne als
Anführerin ein neues politisches Lager zu bilden./evs/DP/men

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