17.06.2024 12:02:06 - dpa-AFX: ROUNDUP/SPD-Fraktionsvize: Entwurf zur Kindergrundsicherung 'nicht tragfähig'

BERLIN (dpa-AFX) - Im Ringen der Ampel um die geplante Kindergrundsicherung
bekräftigen SPD und FDP ihre Vorbehalte gegen die Vorschläge von
Familienministerin Lisa Paus (Grüne). "Es ist klar geworden, dass der aktuelle
Gesetzesentwurf in seiner vorliegenden Fassung nicht tragfähig ist", sagte
SPD-Fraktionsvize Sönke Rix der "Rheinischen Post" (Montag). Die Fraktionen von
SPD, Grünen und FDP verhandelten derzeit intensiv. "Aufgrund der Komplexität des
Vorhabens und der zahlreichen Fallstricke kommen wir nicht umhin, die
Kindergrundsicherung in mehreren Schritten einzuführen."

Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Gyde Jensen sagte, die
Verhandlungen gestalteten sich so komplex, weil Paus "lediglich mit einer groben
Idee" in den politischen Prozess gestartet sei. "Erst haben wir über
unrealistische Summen diskutiert, danach über unnötige Strukturen und erst
langsam sprechen wir endlich über die Instrumente, die zur Überwindung von
Kinderarmut beitragen könnten."

Es gebe wohl kaum ein politisches Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, "bei
dem wir so mühsam vorankommen - insbesondere weil die Kompromissbereitschaft und
notwendiger Realismus fehlen", sagte Jensen. Der SPD-Familienpolitiker Rix
argumentierte, die Parlamentarier sähen sich in der Verantwortung, "alternative
Lösungsvorschläge zu diskutieren und zu erarbeiten".

Der Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Andreas Audretsch, verteidigte die Ressortchefin und übte Kritik an den Koalitionspartnern. Paus sei die erste
Ministerin, die ernsthaft gegen Kinderarmut vorgehe, sagte Audretsch am Montag
der Deutschen Presse-Agentur. Der Regierungsentwurf sei zudem "bis aufs Komma
mit Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner verhandelt - eine gute Grundlage
für unsere Gespräche im Bundestag." Er hoffe, dass die Kolleginnen und Kollegen
von SPD und FDP nun weniger die eigenen Leute in der Bundesregierung angriffen
und sich mehr auf die Sacharbeit konzentrierten. "Das Thema ist zu ernst für
Polit-Spielchen. Unser Fokus liegt auf der Arbeit gegen Kinderarmut."

Der Sozialverband VdK beanstandete die Verzögerungen bei dem Vorhaben. "Die
Kindergrundsicherung wurde schon im Herbst im Kabinett beschlossen, und jetzt
finden die Regierungsparteien immer weitere Punkte, um die Einführung zu
verzögern oder zu verhindern", sagte die VdK-Präsidentin Verena Bentele am
Montag laut einer Mitteilung. Aus dem einstigen Prestigeprojekt gegen
Kinderarmut werde eine Schmalspurlösung. Das sei "mehr als ärgerlich."

Der Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung befindet sich seit Monaten im
parlamentarischen Verfahren. Das Bundeskabinett hatte den Entwurf im vergangenen
Herbst beschlossen, seitdem sind aber viele Fragen offen geblieben und immer
wieder streitet die Ampel auch öffentlich über Details. Nach dem Willen von Paus
soll das Projekt zum 1. Januar 2025 kommen. Ob das gelingt und in welcher Form,
ist derzeit völlig offen.

Die Kindergrundsicherung gilt als das soziale Prestigeprojekt der Grünen.
Mit der Sozialreform sollen bisherige Leistungen wie das Kindergeld, Leistungen
aus dem Bürgergeld für Kinder oder der Kinderzuschlag gebündelt werden. Ziel der
Bundesregierung ist es, künftig alle Kinder, die auf Sozialleistungen Anspruch
haben, zu erreichen./sku/DP/jha

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