16.06.2024 14:05:38 - dpa-AFX: 'FAS': Verkehrsministerium will Autobahn-Investitionen stark kürzen

BERLIN (dpa-AFX) - Das Bundesverkehrsministerium plant nach einem Bericht
der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" deutliche Kürzungen der
Investitionen in Autobahnen. Die Mittel für die Autobahn GmbH, die die
Autobahnen baut und betreibt, sollen im kommenden Jahr im Vergleich zur
bisherigen Planung um 20 Prozent zusammengestrichen werden, wie das Blatt unter
Berufung auf den Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2025 schreibt. Statt 6,29
Milliarden gebe es dann nur 4,99 Milliarden Euro. Auch 2026 und 2027 werden die
Investitionen nach Angaben des Blattes um jeweils rund eine Milliarde Euro
gekürzt, 2028 noch einmal um 378 Millionen Euro.

Eine Sprecherin des FDP-geführten Verkehrsministeriums sagte am Samstag auf
Anfrage in Berlin, aufgrund der aktuellen Haushaltslage und der erforderlichen
Einsparungen könnten aktuell nicht alle Bedarfe für Investitionen in die
Verkehrsinfrastruktur abgebildet werden. "Das betrifft alle Verkehrsträger, also
Straße, Schiene und Wasserstraße gleichermaßen, wobei sich die vom
Verkehrsministerium geplanten Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur
weiterhin auf Rekordniveau bewegen." Aufgrund der erheblichen "Vernachlässigung
der Verkehrsinfrastruktur durch die letzten Bundesregierungen" sei der
Investitionsbedarf aber noch höher als derzeit finanziell darstellbar.

Die Aufstellung des Haushalts für 2025 und die Finanzplanung für die
folgenden Jahre befänden sich derzeit in der regierungsinternen Abstimmung und
seien noch nicht abgeschlossen, sagte die Sprecherin weiter. "Es ist unser Ziel,
die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur im Rahmen der verfügbaren
Haushaltsmittel weiter zu erhöhen." Das betreffe ausdrücklich auch die
Investitionen in die Autobahnen und Bundesfernstraßen.

Die Kürzungen fallen der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" zufolge
noch dramatischer aus, wenn man berücksichtige, dass die Autobahn GmbH einen
höheren Bedarf angemeldet habe, als in der aktuellen Finanzplanung vorgesehen
sei. Nach internen Berechnungen der Gesellschaft fehlten in den kommenden vier
Jahren für Neu- und Ausbau, Erhalt und Betrieb der Autobahnen 4,1 Milliarden
Euro. Die Autobahn GmbH habe erhöhten Finanzbedarf, vor allem für das dringend
notwendige Brückenmodernisierungsprogramm, sagte ein Sprecher dem Blatt. Zu den
drohenden Kürzungen wollte er sich nicht äußern.

Bauindustrie: Deutschland spart sich seine Straßen und Brücken kaputt

"Die traurige Tradition, dass Deutschland sich seine Straßen und Brücken
kaputtspart, setzt sich leider fort", sagte der Präsident des Hauptverbandes der
Deutschen Bauindustrie, Peter Hübner, der Zeitung. "Seit Jahrzehnten wird zu
wenig investiert, nicht einmal in den Erhalt."

Der CDU-Verkehrspolitiker Florian Müller sagte, "wer jetzt der Autobahn GmbH das Geld zusammenstreicht, verhält sich wie ein Brandstifter im trockenen Wald".
Die Autobahn GmbH sei schon jetzt unterfinanziert. Weitere Kürzungen bedeuteten
das Aus vieler Modernisierungen und Sanierungen. Verkehrsminister Volker Wissing
(FDP) müsse mitteilen, welche Projekte er streichen wolle, forderte Müller.

Der ADAC sieht die geplanten Kürzungen bei den Investitionen in Autobahnen
kritisch. Schon heute seien viele Autobahnen und vor allem Brücken in einem
schlechten Zustand. Bereits der Ausfall einer einzelnen Autobahnbrücke habe
gravierende Auswirkungen für den Verkehr, die Anwohner und die Wirtschaft
entlang der Ausweichrouten.

Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan begrüßte die geplanten
Einsparungen und forderte Wissing auf, auch die daraus folgenden Konsequenzen
auszusprechen: "Mit Tausenden maroder Brücken und vielen reparaturbedürftigen
Strecken ist das bestehende Autobahnnetz ein Pflegefall." Damit das knappere
Geld gezielt für die Sanierung eingesetzt werden könne, sollte Wissing alle
Neubauprojekte auf Eis legen und überprüfen lassen.

Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) warnte, drastische
Einschnitte bei der Autobahn GmbH hätten erhebliche Auswirkungen auf dringend
benötige Lückenschlüsse im Straßennetz und die Sanierung von Autobahnbrücken.
"Und das, obwohl der Bundesrechnungshof die Brückensanierungspläne des Bundes
schon jetzt als "unrealistisch" bezeichnet und das schleppende Tempo rügt",
sagte Bernreiter./sl/DP/men

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