13.05.2024 20:12:13 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Nato übt Rückeroberung von Flughafen

CAMPIA TURZII (dpa-AFX) - Wie an Perlenschnüren springen Hunderte
Fallschirmjäger an der Südostflanke der Nato aus 14 grauen Transportflugzeugen:
Mit der größten Luftlandeübung in Europa seit dem Bestehen der Nato hat das
Militärbündnis am Montag ein Signal der Abschreckung an Russland gesendet. Dabei
wurden mehr als 1400 Fallschirmjäger aus sieben Nationen eingesetzt, um den -
einem Übungsszenario folgend - von feindlichen Kräften besetzten rumänischen
Militärflughafen Campia Turzii wieder freizukämpfen, wie Nato-Offiziere sagten.

Die Fallschirmjägerübung "Swift Defender" ist Teil der Nato-Übungsserie
"Steadfast Defender". Der deutsche Generalmajor Dirk Faust, der die Übung mit
seiner Division Schnelle Kräfte (DSK) der Bundeswehr führt, sagte: "Wir senden
ein ganz klares Signal insgesamt mit der Übung "Steadfast Defender", dass wir
jederzeit sehr schnell einsatzbereit sind, Kräfte in Räume zu bringen, wo sie
gebraucht werden und jeglichen Gegner von einer Aggression abschrecken."

Die in dem Manöver von Ungarn aus gestarteten Fallschirmjäger landeten am
frühen Abend in drei sogenannte Drop Zones - Absetzräume für Fallschirmjäger -
und wurden von ihrem Übungsgegner - rumänische Soldaten übernahmen diese Rolle -
bereits beschossen, während sie sich noch mit Waffen und Ausrüstung zu
Sammelpunkten rannten. "Ich habe noch von keinen eigenen Verwundeten oder Toten
gehört. Ich habe nur gehört, dass zwei feindliche gepanzerte Fahrzeuge
vernichtet wurden", gab Oberfeldwebel Marco (28), der aus der ersten Maschine
gesprungen war, den Stand der Übung in der ersten Stunde wieder. Im Hintergrund
feuerten bereits Waffen mit Übungsmunition. Schiedsrichter bewegten sich
zwischen den Kämpfenden und entschieden im laufenden Gefecht über den Ausgang.

Insgesamt rund 90 000 Soldaten mobilisiert

Die Nato reagiert mit "Steadfast Defender" auf die veränderte
sicherheitspolitische Lage, die sich aus dem Angriffskrieg Russlands gegen die
Ukraine ergibt. Insgesamt werden während mehrerer Monate rund 90 000 Soldaten
mobilisiert, die die Alarmierung, das Verlegen großer Truppenteile und die
Abwehr eines Angreifers im Gefecht üben.

Annahme für die Übung in Rumänien ist es, dass angreifende Soldaten bereits
in dem Nato-Staat sind. "Dieser Gegner ist durch die rumänischen Kräfte zum
Halten gebracht worden. Es ist allerdings dem Gegner gelungen, im Rahmen einer
Luftlandeoperation einen Flughafen zu nehmen - als Voraussetzung für seine
weiteren Operationen", sagte Faust.

Seine Division steuert diese Übung mit insgesamt etwa 4500 Teilnehmern in
Ungarn und Rumänien. In der Division Schnelle Kräfte sind unter anderem
Gebirgsjäger, Fallschirmjäger und Hubschrauber-Kräfte, aber auch das Kommando
Spezialkräfte (KSK). Faust hat auch eine niederländische Luftlandebrigade unter
seinem Kommando. Der Division Schnelle Kräfte ist auch die 81. Rumänische
Brigade unterstellt, mit der regelmäßig geübt wird. Sie ist am Manöver
beteiligt.

Soldaten der Division Schnelle Kräfte waren in den vergangenen Jahren
wiederholt im Ausland im Einsatz, so in Afghanistan und zuletzt auch bei dem
Evakuierungseinsatz inmitten des blutigen Machtkampfes im Sudan. Sie können in
kurzer Zeit zum Einsatz kommen. "Wir reden hier von ersten Kräften nach 24 bis
48 Stunden und Hauptkräften nach 72 bis 96 Stunden", sagte Faust. Deutschland
hält solche Verbände für die Krisenvorsorge in Bereitschaft, also auch den
Schutz oder die Rettung von Deutschen im Ausland.

Landes- und Bündnisverteidigung wieder bedeutsam

Nun wird auch die Landes- und Bündnisverteidigung wieder bedeutsam, auf
absehbare Zeit die wohl wichtigste Aufgabe der Bundeswehr. Dabei gelten Soldaten
wie die in Rumänien eingesetzten Fallschirmjäger als "Kräfte der ersten Stunde",
die sogenannte Schlüsselräume, Schlüsselgelände und Schlüsselinfrastruktur in
Besitz nehmen.

Wegen des Wetters und weil die Streitkräfte im Frieden Risiken minimieren,
war die Übung um 24 Stunden verschoben worden. "Wie Sie wissen, ist der Plan im
Kampf das erste Opfer", sagte der rumänische Brigadegeneral Daniel Pop dazu am
Montag während der Übung - und wurde dann ernst. "Es beginnt der 27. Monat, seit
der Kreml einen brutalen und grundlosen Krieg gegen die Ukraine begonnen hat",
sagte er. Mehrfach habe es Angriffe auf ukrainischer Seite der Grenze gegeben,
was die Sicherheitslage im gesamten Schwarzmeerraum störe. Er sagte: "Diese
Übung hier zeigt die Fähigkeit des Bündnisses, schnell und effektiv auf eine
Krisensituation in der Schwarzmeerregion zu reagieren."/cn/DP/he

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