21.05.2024 16:56:05 - dpa-AFX: POLITIK: Polen setzt Kommission zur Prüfung russischer Einflüsse ein

WARSCHAU (dpa-AFX) - In Polen soll eine Kommission den möglichen Einfluss
russischer und belarussischer Geheimdienste in den vergangenen 20 Jahren
untersuchen. Eine entsprechende Anordnung habe er erlassen, sagte Regierungschef
Donald Tusk am Dienstag in Warschau. Vorsitzender der Kommission werde der Chef
der militärischen Spionageabwehr, General Jaroslaw Strozyk. Entschieden werden
soll demnach noch, ob das Gremium 9 oder 13 Mitglieder haben wird. Diese sollen
von den Ministerien ernannt werden.

Polen gehört zu den wichtigsten militärischen Unterstützern der von Russland angegriffenen Ukraine. Es ist außerdem eine logistische Drehscheibe für die
Militärhilfe des Westens an Kiew. Von Russland wird es deshalb als Feind
betrachtet. Auch die Beziehungen zu dem benachbarten Belarus, einem Verbündeten
Moskaus, sind angespannt.

Wie auch andere EU-Staaten fürchtet Polen Sabotageakte im Auftrag russischer Geheimdienste. Erst am Montag hatte Tusk gesagt, es seien neun Verdächtige
festgenommen worden, denen versuchte Sabotage vorgeworfen werde. Am Dienstag
sprach er von drei weiteren Festnahmen in diesem Zusammenhang. Man prüfe zudem
Anhaltspunkte dafür, dass russische Geheimdienste hinter dem Brand eines großen
Einkaufszentrums in Warschau stecken könnten. Bei dem Feuer vor zehn Tagen
wurden mehr als 1400 Geschäfte zerstört, verletzt wurde niemand.

Tusks Regierung ist nicht die erste, die den Einfluss russischer
Geheimdienste im Land untersuchen will. Bereits die von 2015 bis 2023 amtierende
nationalkonservative PiS-Regierung erließ im Sommer 2023 ein Gesetz, das die
Einsetzung einer Untersuchungskommission zur russischen Einflussnahme vorsah.
Die Kommission sollte prüfen, ob Amtsträger in den Jahren 2007 bis 2022 unter
dem Einfluss Russlands Entscheidungen getroffen haben, die Polens Sicherheit
gefährden. Kritiker warfen der PiS vor, sie habe mit diesem Gesetz wenige Monate
vor der Parlamentswahl im Herbst 2023 Oppositionspolitiker wegen angeblicher
Russlandfreundlichkeit an den Pranger stellen wollen. Polnische Medien sprachen
von einer "Lex Tusk" - einem auf den damaligen Oppositionspolitiker Tusk
gemünzten Gesetz. Hunderttausende gingen gegen das Gesetz auf die Straße. Bei
der Parlamentswahl 2023 wurde die PiS-Regierung dann abgewählt./dhe/DP/ngu

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