13.05.2024 00:02:11 - dpa-AFX: Studie: Verkehrswende wird bei weiterem Zögern deutlich teurer

BERLIN (dpa-AFX) - Je länger die Politik mit Maßnahmen für einen
klimaneutralen Verkehr zögert, umso teurer wird die Verkehrswende einer Studie
zufolge schließlich werden. "Politisches Zögern hat einen Preis", heißt es in
der Analyse der Agora Verkehrswende, einer gemeinnützigen Organisation für
wissenschaftliche Politikberatung. "Der Preis bemisst sich entweder in Geld oder
in Treibhausgasen, mit all den damit verbundenen Risiken." Mit einer zeitnahen
ambitionierten Klimapolitik für den Verkehrssektor könnte die Bundesregierung
hingegen sogar etwas sparen im Vergleich zu einem verkehrspolitischen Weiter-so.

Aktuelle Maßnahmen verfehlen Ziele

In der Studie untersuchte die Organisation drei verschiedene Szenarien mit
unterschiedlich weitreichenden Klimaschutz-Maßnahmen im Verkehrssektor. Als
Referenzszenario diente dabei die aktuelle Verkehrswende-Politik einschließlich
geplanter, aber noch nicht beschlossener Maßnahmen. "In diesem Referenzszenario
sinken die Treibhausgasemissionen des Verkehrs bis 2030 auf 111 Millionen Tonnen
und bis 2045 auf rund 15 Millionen Tonnen", schreiben die Autoren. Damit werde
sowohl das Klimaziel für den Verkehrssektor für 2030 sowie das Nullemissionsziel
für 2045 verfehlt.

Zwei weitergehende Szenarien beruhen auf der Annahme, dass ambitioniertere
Klimaschutz-Programme ab 2025 (Szenario "Wende 2025") beziehungsweise ab 2030
("Wende 2030") aufgelegt werden. In diesen beiden Varianten würde die
Klimaneutralität im Verkehr bis 2045 erreicht. Das "Wende 2030"-Szenario wäre
dabei aber mit deutlich höheren Ausgaben verbunden - auch im Vergleich zum
Referenzszenario, in dem alles so bleibt, wie aktuell. Schließlich müssten dort
in kürzerer Zeit mehr Anstrengungen unternommen werden, um die Klimaneutralität
noch zu erreichen.

Alternativszenarien gehen von weniger Autoverkehr aus

Alle drei Szenarien gehen von der gleichen Menge an Mobilität aus. Doch
diese verteilt sich je nach Variante unterschiedlich auf die einzelnen
Verkehrsträger. Der öffentliche Verkehr - also der Bus-, Bahn-, Fahrrad- und
Fußverkehr - spielt in den Szenarien 2025 und 2030 langfristig eine deutlich
größere Rolle als beim Referenzszenario. Dort nimmt die Bedeutung des
Autoverkehrs bis 2045 sogar zu. Hier steht nicht die Reduzierung des
Autoverkehrs im Vordergrund, sondern der Ersatz von Verbrennern durch
Elektroantriebe.

Dabei liegt der Elektroanteil beim "Wende 2025"-Szenario deutlich höher als
im Referenzszenario und am höchsten in der Variante "Wende 2030". Beide Wege
gehen aber von einer deutlichen Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs
aus.

Würde die Bundesregierung alles so weiterlaufen lassen wie bisher, müsste
sie für die Verkehrswende bis 2045 rund 9,7 Billionen Euro ausgeben - indirekte
Kosten für Klimaschäden infolge des weiteren CO2-Ausstoßes mit eingerechnet. Die
Klimaziele im Verkehrssektor würde sie trotz dieser enormen Summe verfehlen.
Etwas günstiger käme sie weg, wenn sie spätestens ab 2025 Maßnahmen ergreift,
mit denen sich das Nullemissionsziel im Verkehr innerhalb der nächsten 20 Jahre
noch erreichen ließe. Aufgrund der geringeren Klimaschäden sparte die Regierung
in diesem Szenario rund 60 Milliarden Euro.

Spätes Umlenken wird teuer

Deutlich teurer wird ein Umlenken ab 2030. Zwar könnte auch dann noch das
Klimaziel erreicht werden. Allerdings bräuchte es dafür größere und vor allem
teurere Anstrengungen. Mehr als eine halbe Billion Euro mehr müsste die
Bundesregierung dafür aufbringen im Vergleich zu der Situation, in der sich
nichts an der Planung ändert.

"Wenn wir schnell und entschlossen handeln, kann der Verkehrssektor bis 2045 klimaneutral werden", sagte die stellvertretende Direktorin der Agora
Verkehrswende, Wiebke Zimmer. "Das gelingt ohne Mehrkosten im Zeitraum bis
2045." Anfangs brauche es höhere Investitionen, in Summe aber nicht mehr Geld.
"Vor allem braucht es mehr politischen Willen", betonte Zimmer./maa/DP/he

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