17.05.2024 12:18:55 - dpa-AFX: Israel weist Völkermord-Vorwurf vor UN-Gericht zurück

DEN HAAG (dpa-AFX) - Israel hat Vorwürfe des Völkermords im Gazastreifen vor
dem Internationalen Gerichtshof als haltlos zurückgewiesen und seinen
umstrittenen Militäreinsatz in Rafah als Selbstverteidigung gerechtfertigt. Die
von Südafrika vorgebrachten Vorwürfe seien eine "Verdrehung der Wirklichkeit",
sagte der Rechtsvertreter Israels, Gilad Noam, am Freitag in Den Haag. Südafrika
missbrauche das internationale Recht auf "abscheuliche und zynische Weise".

Am Ende der Anhörung wurde eine Rechtsvertreterin Israels durch einen
Zwischenruf unterbrochen. "Lügner", rief eine Frau im Gerichtssaal im
Friedenspalast. Sie wurde anschließend von Sicherheitsmitarbeitern aus dem Saal
geführt.

Südafrika fordert im Rahmen seiner Völkermord-Klage in einem Eilantrag, dass die höchsten UN-Richter den Abzug Israels aus dem Gazastreifen anordnen. Das
Gericht müsse den andauernden Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung
stoppen. Auch soll Israel Ermittlern, humanitärer Hilfe und Journalisten
ungehindert Zugang gewähren. Südafrika sprach von unermesslichem Leid und fast
völliger Zerstörung von Städten und Krankenhäusern. Wann das Gericht über den
Eilantrag entscheiden wird, steht nicht fest.

Anlass des Eilantrags ist der israelische Militäreinsatz in Rafah. Die Stadt im Süden des Küstenstreifens sei der "letzte Zufluchtsort für etwa 1,5 Millionen
Menschen", erklärten die Rechtsvertreter Südafrikas. Ihr Leben sei in Gefahr.

Vor den UN-Richtern sagten die israelischen Vertreter, Rafah sei ein
"militärisches Bollwerk der Hamas", die Israel mit Raketen beschieße. Auch halte
die Hamas noch immer zahlreiche Geiseln fest. Israel sorge zudem für humanitäre
Hilfe und tue alles zum Schutz der Zivilbevölkerung. Auslöser des Kriegs im
Gazastreifen war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das
Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten.
Israel beruft sich auf sein Recht zur Selbstverteidigung.

Das Hauptverfahren zum Völkermordvorwurf wird sich über Jahre hinziehen.
Aber in zwei Eilentscheidungen hatten die UN-Richter Israel bereits
verpflichtet, alles zu tun, um einen Völkermord zu verhindern. Entscheidungen
des Gerichts sind bindend. Auch wenn das Gericht keine Mittel hat, die
Durchsetzung einer Entscheidung zu erzwingen, kann eine Anordnung den
politischen Druck auf Israel erhöhen./ab/DP/jha

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