01.07.2024 17:04:19 - dpa-AFX: ROUNDUP: Immun im Amt? Trump erringt Teilsieg vor Oberstem Gericht

WASHINGTON (dpa-AFX) - Donald Trump hat vor dem Obersten US-Gericht einen
bedeutsamen Teilsieg errungen. In der Frage, ob Ex-Präsidenten vor
Strafverfolgung geschützt sind, entschied das Gericht in Washington, dass
zumindest für offizielle Amtshandlungen Immunität gilt. Die Richter gaben den
Fall an die untere Instanz zurück und wiesen das zuständige Gericht an,
festzustellen, wie die Entscheidung auf Trumps Fall anzuwenden ist. Damit dürfte
sich ein möglicher Prozessbeginn gegen Trump wegen versuchten Wahlbetrugs in der
US-Hauptstadt Washington weiter verzögern. Es gilt als unwahrscheinlich, dass
der Prozess noch vor der Präsidentenwahl im November startet.

"Der Präsident genießt keine Immunität für seine inoffiziellen Handlungen,
und nicht alles, was der Präsident tut, ist offiziell. Der Präsident steht nicht
über dem Gesetz", heißt es in der Entscheidung. Damit ist offen, welche Teile
der Anklage gegen Trump in Washington noch Bestand haben. Der Supreme Court
klärte diese Frage nicht. Es liegt nun an dem zuständigen unteren Gericht,
herauszufinden, für welche Handlungen Trumps Immunität gilt. Dies dürfte ein
langwieriger Prozess sein.

Das Urteil fiel mit sechs gegen drei Richterstimmen. Die als erzkonservativ
geltende Mehrheit der Richter schloss sich im Grundsatz der Entscheidung an. Die
drei als liberal geltenden Richterinnen widersprachen.

Anklage gegen Trump nach Kapitol-Sturm

Trump, der für die Republikaner bei der Präsidentenwahl im November antritt, ist in der US-Hauptstadt im Zusammenhang mit versuchtem Wahlbetrug angeklagt.
Anhänger Trumps hatten am 6. Januar 2021 den Parlamentssitz in Washington
gestürmt. Trump hatte vor dem Sturm auf das Kapitol auf verschiedenen Ebenen
versucht, das Ergebnis der Präsidentenwahl von 2020 zu kippen und seine damalige
Niederlage gegen den Demokraten Joe Biden umzukehren. In der US-Hauptstadt
Washington ist er deswegen angeklagt worden - auch im US-Bundesstaat Georgia
läuft ein Verfahren gegen Trump wegen versuchter Wahlmanipulation.

Trump und seine Anwälte wollten erreichen, dass die Anklage in Washington
fallen gelassen wird. Sie beriefen sich dabei auf die Immunität Trumps in seinem
damaligen Amt als Präsident. Sie argumentierten, dass Trump nicht rechtlich für
Taten belangt werden könne, die zu seinen Pflichten als Präsident gehörten. Mit
dieser Argumentation waren sie bereits vor einem Berufungsgericht US-Hauptstadt
gescheitert. Zuvor hatte auch die zuständige Richterin in dem Fall dieses
Argument zurückgewiesen. Trumps Anwälte reichten Berufung ein, weshalb der Fall
vor dem Supreme Court landete.

Historisches Urteil

Das Oberste Gericht, das unter Trump wegen mehrerer Nachbesetzungen weit
nach rechts gerückt ist, bezog nun Stellung dazu, wie groß die Macht von
US-Präsidenten ist und wo die Grenzen des Rechtsstaats liegen. Die Verfassung
gewährt Präsidenten nicht explizit Immunität, auch nicht während ihrer Zeit im
Amt. Allerdings ist das Justizministerium traditionell der Auffassung, dass
Präsidenten zumindest während ihrer Zeit im Weißen Haus nicht angeklagt werden
können. Das Urteil mit Blick auf die rechtliche Handhabe für Ex-Präsidenten wird
auch immense Bedeutung für künftige Präsidenten haben und ist bereits jetzt als
historisch zu werten.

Bei der Anhörung vor dem Supreme Court hörten sich die Richterinnen und
Richter Ende April rund drei Stunden die Argumente von Trumps Anwalt und der
Gegenseite an. "Dieser Fall hat enorme Auswirkungen auf die Präsidentschaft, auf
die Zukunft der Präsidentschaft, auf die Zukunft des Landes", sagte etwa der
konservative Richter Brett Kavanaugh. Einige Richter ließen in ihren Fragen
durchblicken, dass sie zwar keine vollumfängliche Immunität unterstützen - aber
gewisse Handlungen doch vor Strafverfolgung geschützt sein sollten.

Gegen Trump laufen mehrere Verfahren

Gegen Trump laufen mittlerweile mitten im Wahlkampf mehrere Strafverfahren.
Auch im US-Bundesstaat Georgia ist Trump wegen versuchten Wahlbetrugs angeklagt.
In Florida wird ihm die mutmaßlich gesetzeswidrige Aufbewahrung von
Geheimdokumenten vorgeworfen.

Und in New York ist der Republikaner Ende Mai wegen unrechtmäßig verbuchter
Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin verurteilt worden. Die
Strafmaßverkündung ist für Mitte Juli angesetzt. Trump hat Berufung gegen das
Urteil angekündigt.

Der Republikaner beteuert in allen Verfahren seine Unschuld und stellt die
Ermittlungen gegen ihn als Versuch seiner politischen Gegner dar, ihn
kaltzustellen. Bisher haben Trump die strafrechtlichen Ermittlungen in Umfragen
nicht geschadet.

Das Urteil des Supreme Court dürfte auch Auswirkungen auf das
Wahlbetrugsverfahren auf bundesstaatlicher Ebene in Georgia und das
Geheimdokumente-Verfahren haben - in welchem Maß dürfte sich aber erst in den
kommenden Wochen zeigen./nau/DP/jha

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