23.02.2024 16:43:17 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Bundestag beschließt umstrittene Cannabis-Freigabe

(mit weiteren Details)

BERLIN (dpa-AFX) - Zäsur in der Drogenpolitik: Nach jahrzehntelangen
Diskussionen rückt die Legalisierung von Cannabis in Deutschland in greifbare
Nähe. Der Bundestag beschloss am Freitag mit klarer Mehrheit eine kontrollierte
Freigabe der Droge. Besitz und Anbau sollen zum 1. April mit zahlreichen
Vorgaben für Volljährige zum Eigenkonsum legal werden. Dafür stimmten nach einer
kontroversen Debatte 407 Abgeordnete, mit Nein 226 Abgeordnete, es gab 4
Enthaltungen. Das Gesetz kommt abschließend voraussichtlich am 22. März noch in
den Bundesrat. Zustimmungsbedürftig ist es nicht, die Länderkammer könnte
prinzipiell aber den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen und das
Verfahren abbremsen.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte, der Bundestag habe "eine
Trendwende in der Drogenpolitik" eingeläutet. Er zeigte sich optimistisch, dass
die Legalisierung auch die letzte Hürde im Bundesrat nehmen wird. Das Vorhaben
stößt aber weiter auf viel Kritik.

Drei Cannabispflanzen in eigener Wohnung sollen erlaubt sein

Erlaubt werden soll für Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. In der eigenen Wohnung sollen drei
lebende Cannabispflanzen legal werden und bis zu 50 Gramm Cannabis zum
Eigenkonsum. Kiffen im öffentlichen Raum soll unter anderem in Schulen,
Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden - konkret in 100 Metern
Luftlinie um den Eingangsbereich.

Erlaubt werden sollen auch nicht-kommerzielle "Anbauvereinigungen" für
Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis
gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben - im Monat
höchstens 50 Gramm je Mitglied. Spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des
Gesetzes soll es eine erste Bewertung unter anderem dazu vorliegen, wie es sich
auf den Kinder- und Jugendschutz auswirkt.

Kampf gegen den Schwarzmarkt als Ziel

Lauterbach hatte zuvor im Bundestag abermals für die Pläne geworben. Die
Lage derzeit sei "in keiner Weise akzeptabel", sagte der SPD-Politiker vor der
Abstimmung mit Blick auf steigende Zahlen von Konsumenten und "toxische
Konzentrationen" in Cannabis aus kriminellem Drogenhandel. "Der Schwarzmarkt ist
der Kern des Übels." Jeder Kampf gegen den Schwarzmarkt sei ein wichtiger
Schritt zum Schutz junger Menschen. Daher solle ein legales Angebot geschaffen
werden. Lauterbach hob zugleich eine vorgesehene stärkere Aufklärung hervor.
"Wir verharmlosen nicht." Viele junge Menschen wüssten bisher nicht, dass
Cannabis-Konsum für das wachsende Gehirn wie ein "Gehirngift" wirke.

Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther sagte: "Wir
beenden die schädliche Verbotspolitik. Wir geben das Hanf frei." Dies stärke den
Gesundheits- und Jugendschutz. Die FDP-Fachpolitikerin Kristine Lütke sprach von
einem "historischen Wendepunkt" hin zu einem Umgang, der der gesellschaftlichen
Realität entspreche. Mit Cannabis aus Eigenanbau wüssten Konsumenten, woher es
komme. Zudem werde der Weg zum Dealer und anderen, weitaus gefährlicheren Drogen
deutlich länger.

Große Kritik von Union und AfD

Union und AfD wandten sich gegen die Pläne. "Der Kinder- und Jugendschutz
ist in Ihrem Gesetz nicht mehr als ein reines Lippenbekenntnis", sagte die
CDU-Gesundheitspolitikerin Simone Borchardt. Ärzte, Polizisten und
Psychotherapeuten und alle Länder-Innenminister hätten davor gewarnt. Anbau zu
Hause sei nicht zu kontrollieren. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte
der dpa, die Legalisierung werde zu mehr Sucht, mehr sozialen Problemen und
weniger Sicherheit gerade für junge Menschen führen. "Dieses Gesetz ist nicht
kontrollierbar und ein Geschenk für die organisierte Kriminalität in
Deutschland." Jörg Schneider (AfD) warnte vor einem "Konjunkturprogramm für das
organisierte Verbrechen".

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) kündigte an, Bayern werde das Cannabis-Gesetz so streng wie möglich vollziehen. "Hierzu werden wir eine
zentrale Kontrolleinheit einrichten, die für die Erteilung von Erlaubnissen und
die engmaschige Überwachung der Anbauvereinigungen zuständig sein wird."

Bürger sind gespalten beim Thema Cannabis-Legalisierung

Bei der generellen Einschätzung der Cannabis-Legalisierung zeigt sich laut
einer Umfrage ein gespaltenes Bild. 42 Prozent gaben in einer Befragung des
Meinungsforschungsinstituts YouGov an, eine Legalisierung eher oder voll und
ganz zu befürworten. 47 Prozent erklärten, diese eher oder voll und ganz
abzulehnen. 11 Prozent äußerten sich dazu nicht, wie aus der Umfrage hervorgeht,
die der Deutschen Presse-Agentur am Freitag vorlag./sam/bg/DP/mis
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
Symbotic A3DK1X NASDAQ 36,390 10.07.24 18:53:58 -1,650 -4,34% 36,320 36,390 38,390 38,040
CANTOURAGE GROUP SE O.N. A3DSV0 Frankfurt 6,650 10.07.24 09:11:22 +0,300 +4,72% 6,400 7,100 6,650 6,350

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