21.02.2024 15:48:11 - dpa-AFX: HINTERGRUND: Legales Kiffen in Sicht - mit welchen Regeln?

BERLIN (dpa-AFX) - Die Befürworter können es kaum erwarten, Kritiker warnen
vor einem völlig falschen Schritt: Nach jahrzehntelangen Debatten kommt eine
Legalisierung von Cannabis in Deutschland in Sicht. Der Bundestag soll die
Gesetzespläne der Ampel-Koalition an diesem Freitag beschließen - es geht um
keine komplette, sondern eine kontrollierte Freigabe mit zahlreichen Regeln.
Voraussichtlich ab 1. April sollen Erwachsene so die ersten "erlaubten" Joints
rauchen können. Doch unumstritten ist das ganze Vorhaben damit bei Weitem nicht.

Warum kommt überhaupt eine Legalisierung?

"Wir müssen die Cannabis-Drogenpolitik an die gesellschaftliche Realität
anpassen, um den Schwarzmarkt zu bekämpfen und insbesondere Kinder- und
Jugendliche zu schützen", sagt Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen.
"Jenseits mancher empörter rhetorischer Rauchwolken zeigen die nüchternen Zahlen
leider, dass ein reines Verbot nicht dazu führt, dass weniger Menschen Cannabis
konsumieren - im Gegenteil, der Konsum gerade junger Menschen steigt." Minister
Karl Lauterbach (SPD) hebt zugleich die Botschaft hervor: "Es wird zwar legal,
aber es gibt Probleme." Bisher wüssten viele Eltern nicht, wie schädlich der
Konsum sei. Vor allem junge Erwachsene sollten auf erhöhte Gefahren hingewiesen
werden.

Wie wird die Legalisierung umgesetzt?

Cannabis wird im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Stoffe
gestrichen. Der Umgang damit soll dann künftig zwar per Gesetz grundsätzlich
verboten sein - aber mit drei festgelegten Ausnahmen für Personen ab 18 Jahren.
Diese betreffen den Besitz bestimmter Mengen, den privaten Eigenanbau sowie
Anbau und Weitergabe in speziellen Vereinen. Generell nicht zu den verbotenen
Tätigkeiten zählt gemäß den völkerrechtlichen Rahmenbedingungen der Eigenkonsum,
wie es im Gesetzentwurf heißt. Tabu bleiben sollen der Umgang mit Cannabis und
der Konsum in den militärischen Bereichen der Bundeswehr.

Was genau soll für Volljährige künftig möglich sein?

Erlaubt werden soll der Besitz von bis zu 25 Gramm getrockneten
Pflanzenmaterials zum Eigenkonsum, die man auch im öffentlichen Raum mit sich
führen darf. In der privaten Wohnung soll der Besitz von bis zu 50 Gramm erlaubt
werden. Angebaut werden dürfen dort auch gleichzeitig drei Pflanzen. Was darüber
hinausgeht, muss sofort vernichtet werden. Geerntet werden darf nur zum
Eigenkonsum, nicht zur Weitergabe an andere. Samen, Pflanzen und geerntetes
Haschisch und Marihuana müssen gegen Diebstahl und vor dem Zugriff von Kindern
geschützt werden - etwa mit abschließbaren Schränken und Räumen.

Wie sollen die Cannabis-Anbauvereine aussehen?

Erlaubt werden sollen auch "Anbauvereinigungen". Also so etwas wie Clubs für Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis
gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben - pro Tag
höchstens 25 Gramm Cannabis je Mitglied und im Monat höchstens 50 Gramm. Für 18-
bis 21-Jährige sollen monatlich 30 Gramm mit höchstens zehn Prozent
Tetrahydrocannabinol (THC) zulässig sein, das ist der Stoff mit der
Rauschwirkung. Die Clubs sind als nicht kommerzielle Vereine zu organisieren und
brauchen eine Erlaubnis, die befristet gilt. Das Anbaugebäude darf keine Wohnung
sein und keine auffälligen Schilder haben. Werbung ist tabu, auch
Cannabis-Konsum direkt vor Ort. Anbauflächen und Lager müssen gesichert werden,
für Transporte sind Regeln vorgesehen.

Welche Vorgaben gelten noch?

Um gemeinschaftlich angebautes Cannabis zu bekommen, muss man es persönlich
vor Ort entgegennehmen - und dafür den Mitgliedsausweis und einen amtlichen
Ausweis mit Foto vorlegen. Erlaubt ist nur Cannabis in Reinform, also als
getrocknete Blüten und blütennahe Blätter (Marihuana) oder abgesondertes Harz
(Haschisch). Verboten sind Mischungen oder Verbindungen mit Tabak, Nikotin oder
Lebensmitteln. Die Verpackung muss neutral sein. Auf einem Infozettel müssen
unter anderem das Gewicht in Gramm, die Sorte, der durchschnittliche THC-Gehalt
in Prozent und Hinweise zu Risiken des Konsums aufgeführt werden. Ein Kaufpreis
darf nicht verlangt werden, finanzieren sollen sich die Vereinigungen durch ihre
Mitgliedsbeiträge. Geregelt sind auch Dokumentationspflichten und amtliche
Kontrollen.

Was ist mit Kindern und Jugendlichen?

Für Minderjährige bleiben Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis komplett
verboten, wie das Gesundheitsministerium betont. Weitergaben an Kinder und
Jugendliche sind strafbar. Der Konsum "in unmittelbarer Gegenwart" von unter
18-Jährigen soll verboten sein, ebenso in Fußgängerzonen von 7.00 bis 20.00 Uhr.
Kiffen wird auch auf Spielplätzen, in Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen,
Sportstätten und jeweils in Sichtweite davon - also in 100 Metern Luftlinie um
den Eingangsbereich - untersagt. Zunächst waren 200 Meter angedacht.

Wie verbreitet ist Cannabis-Konsum eigentlich?

Dazu, wie viel Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken konsumiert wird,
liegen laut Gesundheitsministerium noch keine validen Daten vor. Studien zufolge
haben 4,5 Millionen Erwachsene nach eigenen Angaben in den zurückliegenden zwölf
Monaten wenigstens einmal Cannabis konsumiert - bei Männern 10,7 Prozent und bei
Frauen 6,8 Prozent. In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen war der Konsum
demnach am stärksten verbreitet. Dabei bestehen Experten zufolge bis zum Alter
von 25 Jahren wegen des noch anhaltenden Reifeprozesses des Gehirns besondere
Risiken für psychische, physische und soziale Beeinträchtigungen.

Wie geht es weiter?

Nach dem angepeilten Bundestagsbeschluss kommt das Gesetz abschließend noch
in den Bundesrat. Zustimmungsbedürftig ist es nicht. Prinzipiell könnte die
Länderkammer aber den gemeinsamen Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag
anrufen und die Pläne so noch abbremsen. Begleitend zur Legalisierung prüft das
Bundesverkehrsministerium gerade auch, wie ein THC-Grenzwert für Cannabis am
Steuer gefasst werden könnte - ähnlich wie die 0,5-Promille-Grenze für Alkohol.
Nach Inkrafttreten des Gesetzes soll es auch eine Amnestie von Verurteilungen
für Fälle geben, die künftig erlaubt sind. Eine geplante zweite Säule der
Legalisierung hängt vorerst in der Warteschleife: Modellprojekte mit
lizenzierten Geschäften./sam/DP/mis

--- Von Sascha Meyer, dpa ---
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