12.05.2024 15:20:15 - dpa-AFX: POLITIK/Buschmann: Kalifats-Sympathie absurd - Vorgehen dagegen schwierig

BERLIN (dpa-AFX) - Die rechtlichen Möglichkeiten von Behörden im Umgang mit
Sympathisanten eines islamistischen Kalifats in Deutschland sind nach
Darstellung von Bundesjustizminister Marco Buschmann begrenzt. "Reine
Sympathiebekundung für ein Kalifat ist etwas, was ich für politisch absurd und
abwegig halte", sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Das
Bundesverfassungsgericht habe aber sinngemäß festgestellt: Solange eine absurde
Meinung, auch eine, die dem Grundgesetz widerspricht, einfach nur geäußert
werde, ohne dass Anstalten unternommen würden, die Ordnung des Grundgesetzes
dann auch zu beseitigen oder andere Rechtsgüter zu verletzen, müsse dies als
Teil des geistigen Meinungskampfes ertragen werden.

Anders wäre es, wenn eine Terrorgruppe oder eine extremistische Vereinigung
einen Satz wie "Das Kalifat ist die Lösung" zu ihrer Losung machen würde. "Wir
würden eine solche Organisation dann bei Vorliegen der entsprechenden
rechtlichen Voraussetzungen verbieten beziehungsweise gegen sie vorgehen", sagte
der FDP-Politiker. Dies würde dann auch ihre Symbole betreffen - "das ist aber
heute nicht oder noch nicht der Fall".

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte, dass die
Sicherheitsbehörden die islamistische Szene in Deutschland fest im Visier
hätten. "Wir setzen alle Instrumente ein: von der nachrichtendienstlichen
Beobachtung bis hin zu intensiven Ermittlungen", sagte sie den Zeitungen der
Funke Mediengruppe (Samstag). Die Behörden hätten allein in den letzten Monaten
mehrfach frühzeitig zugeschlagen, um Anschlagspläne zu verhindern.

Faeser versicherte, auch jene, die Ende April auf einer
Islamisten-Demonstration in Hamburg über ein Kalifat fantasiert hätten, stünden
im Fokus der Sicherheitsbehörden. "Wir können in unserem Rechtsstaat solche
Gruppierungen aber nur verbieten, wenn die hohen rechtlichen Voraussetzungen
dafür erfüllt sind", erklärte die Ministerin.

Bei einer Demonstration am 27. April in Hamburg war auf Schildern der
Schriftzug "Kalifat ist die Lösung" zu lesen gewesen. In Redebeiträgen war
außerdem ein Kalifat als Lösung gesellschaftlicher Probleme in islamischen
Staaten gefordert worden. Die Demonstration hatte bundesweit Empörung ausgelöst.
Die islamistische Gruppe Muslim Interaktiv hat für diesen Samstagnachmittag
erneut in Hamburg eine Kundgebung angekündigt. Sie ist laut Polizei an strenge
Auflagen geknüpft. Dazu zählen das Verbot, zu Hass oder Gewalt aufzurufen und
das Existenzrecht Israels zu leugnen.

Nach der Demonstration Ende April hatte unter anderem der Unionsabgeordnete
Christoph de Vries (CDU) für eine Gesetzesänderung geworben - damit künftig
bestraft werden könne, wer in Deutschland öffentlich zur Errichtung eines
Kalifats aufrufe. Das Kalifat als Herrschaftsform stammt aus der Zeit nach dem
Tod des Propheten des Islam, Mohammed, im Jahr 632 n. Chr., der Kalif war sowohl
religiöser als auch weltlicher Herrscher.

Faeser bezeichnete die scharfen Auflagen der Hamburger Behörden als richtig. "Das ermöglicht ein sofortiges hartes Einschreiten, wenn aus der Demonstration
heraus aggressiv nach einem Kalifat in Deutschland gerufen wird und wenn das
Existenzrecht Israels geleugnet oder gegen Juden gehetzt wird." Die
Sicherheitsbehörden beobachteten zudem sehr genau, ob gegen das Verbot der
Terrororganisation Hamas und der Gruppierung Samidoun verstoßen werde. "Das ist
eine Straftat, die auch bei Demonstrationen ein sofortiges Durchgreifen
ermöglicht."/sk/DP/he

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