12.05.2024 15:15:48 - dpa-AFX: VERMISCHTES/Polarlichter über Deutschland: Naturspektakel geht weiter

HEIDELBERG/OFFENBACH (dpa-AFX) - Dank eines außergewöhnlich starken
Sonnensturms waren in der Nacht von Freitag auf Samstag auch über vielen Teilen
Deutschlands farbenfrohe Polarlichter zu sehen. Wer das Naturphänomen verpasst
hat, hat nun noch eine Chance: Der Wetterdienst sagt eine überwiegend
sternenklare kommende Nacht voraus.

Normalerweise sind Polarlichter vor allem in nördlichen Regionen zu sehen.
Nach Angaben von Carolin Liefke vom Haus der Astronomie in Heidelberg hätten die
Sichtungen dieses Mal aber in Europa südlich bis zu den Kanaren gereicht, wo das
Phänomen - wenn nicht mit bloßem Auge sichtbar - so doch auf Fotos festgehalten
werden konnte. "Insofern war das schon sehr, sehr ungewöhnlich", so Liefke. Die
letzten Polarlichter in dieser Stärke habe sie vor über 20 Jahren gesehen.

Farbspektakel an Deutschlands Nachthimmel

In der Nacht zu Samstag waren die Polarlichter unter anderem in Freiburg in
Baden-Württemberg zu sehen. Auch in Sachsen-Anhalt ließ sich das Naturphänomen
bestaunen, so etwa auf dem Brocken und am Stadtrand von Magdeburg.

In Hessen tauchten die Polarlichter den Himmel an dunklen Orten fernab von
störender Straßenbeleuchtung in ein buntes Farbenmeer, beispielsweise im Taunus
und in Hanau. Der größtenteils wolkenfreie Himmel und die mondlose Dunkelheit
schufen fast ideale Voraussetzungen für die Beobachtung der nächtlichen
Lichtershow.

In Bayern war das Spektakel unter anderem am Kochelsee (Landkreis Bad
Tölz-Wolfratshausen) und am Wagenbrüchsee (Landkreis Garmisch-Partenkirchen) zu
sehen. Auch im Landkreis Märkisch-Oderland in Ostbrandenburg, in Teilen Berlins
sowie in mehreren niedersächsischen und mehreren nordrhein-westfälischen Orten
war der Blick auf die farbenfrohen Lichter möglich.

Meist sternenklarer Himmel in der kommenden Nacht

Wer die Polarlichter in der Nacht von Freitag auf Samstag verpasst hat,
könnte noch einmal eine Gelegenheit bekommen: Die kommende Nacht werde meist
sternenklar verlaufen, teilte der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach mit.
"Zumindest wettertechnisch steht der Beobachtung und dem Fotografieren von
Polarlichtern nichts im Wege", erklärte Markus Übel vom DWD. Nur über dem Osten
gebe es ein paar Wolkenfelder, die Sicht auf mögliche Polarlichter versperren
könnten. Ob man in Deutschland aber erneut Polarlichter sehen oder ablichten
kann und wie intensiv sie werden könnten, hänge davon ab, wie stark der
geomagnetische Sturm werde.

Tatsächlich vermeldete die US-Wetterbehörde NOAA (National Oceanic and
Atmospheric Administration) in der Nacht von Freitag auf Samstag, dass das
Spektakel noch nicht vorbei sei. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass die
geomagnetischen Stürme bis zum Wochenende anhalten werden, da mehrere
zusätzliche koronale Massenauswürfe auf dem Weg in die äußere Atmosphäre der
Erde sind", so die NOAA.

Stärkster geomagnetischer Sturm seit 2003

Diese koronalen Massenauswürfe (CME) oder Sonnenstürme sind die Ursache für
die seltenen Polarlichter. Die Stärke eines solchen Sturms wird laut
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in drei fünfstufigen Kategorien
angegeben, von denen Kategorie G geomagnetische Effekte beschreibt.

Zum aktuellen Sonnensturm erklärte die NOAA in der Nacht zu Samstag,
"G5-Konditionen" beobachtet zu haben. Diese höchste Stufe sei zuletzt bei den
sogenannten "Halloween-Stürmen" im Oktober 2003 festgestellt worden, welche zu
Stromausfällen in Schweden und zur Beschädigung von Transformatoren in Südafrika
führten.

Für die Nacht zu Sonntag prognostiziert die NOAA zunächst keine weiteren
einen weiteren Sonnensturm in G5-Stärke. Laut Carolin Liefke würden indes G3
oder G4 ausreichen, um Polarlichter mit bloßem Auge bei guten Bedingungen auch
bei uns wieder sehen zu können: "Ich würde mich in jedem Fall in der kommenden
Nacht wieder auf die Lauer legen und werde das definitiv auch tun."

Ein mit bloßem Auge sichtbarer Sonnenfleck als Ursprung

Ursprungsregion der Sonnenstürme ist den NOAA-Experten zufolge ein großer,
komplexer Sonnenfleckcluster, der etwa 17-mal so groß wie der Durchmesser der
Erde sei - dieser ist so groß, dass er laut Carolin Liefke mit bloßem Auge ohne
Teleskop zu sehen ist. "Insbesondere in der vergangenen Woche war er sehr schön
zu sehen gewesen und nun wandert er - da sich die Sonne um sich selbst dreht -
an den Sonnenrand und verschwindet in den nächsten Tagen", sagt Liefke. Wer noch
einen Blick erhaschen wolle, sollte aber unbedingt einen Schutz wie zum Beispiel
eine Sonnenfinsternisbrille nutzen./all/DP/he

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH