16.05.2024 16:12:06 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP 2: Durchsuchungen bei AfD-Abgeordnetem Bystron

(neu: Mehr Details und Hintergrund.)

BERLIN/MÜNCHEN (dpa-AFX) - Wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit
und der Geldwäsche hat die Generalstaatsanwaltschaft München Ermittlungen gegen
den AfD-Abgeordneten Petr Bystron eingeleitet und am Donnerstag mehrere Objekte
durchsucht. Darunter war auch Bystrons Abgeordnetenbüro im Jakob-Kaiser-Haus des
Bundestages. Der Bundestag hatte zuvor seine Immunität aufgehoben.

Durchsuchungen an mehreren Orten

Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft waren außerdem Durchsuchungen an
mehreren Orten in Bayern in den Landkreisen München, Erding und Deggendorf sowie
auf Mallorca geplant. Im Einsatz waren demnach elf Staatsanwälte und etwa 60
Polizisten des bayerischen Landeskriminalamts. Durchsucht worden sei auch bei
Zeugen, die nicht als Beschuldigte im Verfahren gelten, sagte ein Sprecher der
Generalstaatsanwaltschaft. Ziel sei vor allem, Unterlagen und Datenträger
sicherzustellen, um sie nach Beweismitteln zu durchsuchen.

Die Generalstaatsanwaltschaft München wies darauf hin, dass bis zu einer
möglichen Verurteilung die Unschuldsvermutung gelte. Bystron selbst war für eine
Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Der Abgeordnete aus dem Wahlkreis
München-Nord ist seit 2017 Obmann der AfD im Auswärtigen Ausschuss des
Bundestages.

Seit Wochen Schlagzeilen wegen möglicher Russland- und China-Verbindungen

Er steht zudem auf Platz zwei der Liste der Kandidaten der AfD für die
Europawahl am 9. Juni. Bystron und Spitzenkandidat Maximilian Krah sind wegen
möglicher Verbindungen zu prorussischen Netzwerken und möglicher Geldzahlungen
seit Wochen in den Schlagzeilen. Im März hatte Tschechien nach
Geheimdienstermittlungen die prorussische Internetplattform "Voice of Europe"
(VoE) auf die nationale Sanktionsliste gesetzt, dort waren auch Interviews mit
Bystron und Krah erschienen. Die Seite sei Teil einer russischen
Einflussoperation, deren Ziel es sei, die territoriale Unversehrtheit,
Souveränität und Freiheit der Ukraine infrage zu stellen. Eine tschechische
Zeitung hatte berichtet, Bystron habe möglicherweise auch Geld entgegengenommen.

In Folge dieser und anderer Berichterstattung hatte die Staatsanwaltschaft
in München im Falle Bystron sogenannte Vorermittlungen eingeleitet, um zu
prüfen, ob sich ein Anfangsverdacht wegen eines strafbaren Verhaltens einer
Abgeordnetenbestechung ergibt. Bei den nun eingeleiteten Ermittlungen geht es
nach dpa-Informationen um die Vorwürfe im Zusammenhang mit "Voice of Europe".

Die Strafverfolgungsbehörden in Dresden hatten ein Vorermittlungsverfahren
auch gegen Krah, der aus Dresden stammt, eingeleitet und ein weiteres wegen
möglicher Zahlungen aus China. Während die Münchner nun den nächsten Schritt
gehen und gegen Bystron ermitteln, läuft in Dresden das Vorermittlungsverfahren
im Falle Krah weiter. Es gebe keinen neuen Stand, hieß es in der sächsischen
Landeshauptstadt am Donnerstag auf Nachfrage. Krah und Bystron hatten angegeben,
kein Geld angenommen zu haben.

Krah steht außerdem im Fokus, weil sein ehemaliger Mitarbeiter Jian G. wegen Spionageverdachts für China verhaftet worden war. Die Bundesanwaltschaft hatte
im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen G. am Dienstag vergangener Woche
Krahs Büroräume und die seines Ex-Mitarbeiters im Europäischen Parlament in
Brüssel durchsuchen lassen. Dokumente, die Krah gehören, sind durch seine
Immunität als Abgeordneter geschützt. Die Immunität kann nur durch einen
Beschluss des Parlaments auf Antrag der Behörden aufgehoben werden. Allerdings
tagt der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments nicht mehr vor der
Europawahl am 9. Juni. Krah selbst bestreitet jedes Fehlverhalten.

AfD-Spitze vermisst weiterhin Beweise

Die AfD-Spitze hält bislang weiter zu ihren beiden Europawahl-Kandidaten.
Krah nimmt nach kurzzeitiger Pause wieder Wahlkampfauftritte wahr und im Falle
Bystrons teilten die Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla am Donnerstag
nur kurz schriftlich mit: "Die Aufhebung der Immunität und die Durchsuchung der
Büro- und Privaträume von Petr Bystron sind ein schwerwiegender Vorgang."
Bislang seien für die seit Wochen erhobenen Vorwürfe gegen ihn keine Beweise
vorgelegt worden. Die Fraktion hoffe auf einen raschen Abschluss der
Ermittlungen, "damit nicht der Verdacht entsteht, dass hier versucht wird, durch
Behörden und weisungsgebundene Staatsanwaltschaften den Europawahlkampf zu
beeinflussen".

In der AfD werden seit dem Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Bystron und Krah immer wieder Vermutungen laut, dies könnte im Zusammenhang mit der
bevorstehenden Europawahl stehen, um der AfD zu schaden. Der AfD-Abgeordnete
Stefan Keuter sagte am Donnerstag am Rande der Durchsuchungsaktion in Bystrons
Bundestagsbüro vor Journalisten: "Es gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung."
Bystron habe ihm gesagt, die Vorwürfe seien unbegründet und er habe sich nichts
vorzuwerfen. "Und solange hier keine gerichtsfesten Beweise vorliegen, die
Gegenteiliges beweisen, gehe ich von der Unschuld aus."

SPD fordert Konsequenzen

Die SPD-Bundestagsfraktion forderte Konsequenzen: "Die AfD gibt sich als
Law-and-Order-Partei, doch in ihren Reihen tummeln sich Leute, die nur ihren
eigenen Vorteil im Sinn haben. Selbst wenn dabei Deutschland Schaden nimmt, ist
ihnen das völlig egal", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der
Fraktion, Katja Mast, "ntv.de". Die Parteispitze der AfD müsse endlich
Verantwortung übernehmen. Die Grünen-Abgeordnete Katrin Göring-Eckardt nannte
Bystron den "verlängerten Arm des Kreml". In einer Debatte zum Grundgesetz sagte
die Bundestagsvizepräsidentin an die Adresse der AfD: "Das ist Verrat an unserem
Land. Und den begehen Sie jeden verdammten Tag."

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt rechnet mit ähnlichen Fällen
innerhalb der AfD. "Ich bin darüber in keiner Weise überrascht. Im Gegenteil:
Ich gehe nicht davon aus, dass das der letzte Fall in der AfD sein wird", sagte
Dobrindt der Mediengruppe Bayern. Es werde immer offensichtlicher, dass die AfD
nicht nur nach Russland, sondern auch nach China fragwürdige Kontakte
pflege./jr/DP/men

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