13.05.2024 20:26:59 - dpa-AFX: POLITIK: Merkel und Grüne verabschieden 'herausragende Persönlichkeit' Trittin

BERLIN (dpa-AFX) - Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU), mehrere Grünen-Minister
und Mitglieder der Fraktion haben das Partei-Urgestein Jürgen Trittin
verabschiedet. Merkel bedauerte in ihrer Rede nach Angaben von Teilnehmern am
Montag in Berlin, dass es 2013 nicht zu einer schwarz-grünen Koalition gekommen
ist. Sie betonte auch, der Versuch zur Bildung eines Jamaika-Bündnisses aus
CDU/CSU, Grünen und FDP 2017 sei weder am Zwei-Prozent-Ziel bei den
Verteidigungsausgaben noch an den Grünen und schon gar nicht an Trittin
gescheitert. Nach dem Ziel der Nato-Staaten sollen die Verteidigungsausgaben auf
zwei Prozent der Wirtschaftsleistung steigen.

Trittin hatte im Dezember angekündigt, sein Bundestagsmandat niederzulegen.
Anfang Januar schied er nach rund 25 Jahren aus dem Parlament aus. Von 1998 bis
2005 war er Umweltminister. Merkel war Trittins Vorgängerin in diesem Amt von
1994 bis 1998. Er füllte auch Ämter als Partei- und Fraktionschef aus. In den
vergangenen Jahren trat Trittin vor allem als Außenpolitiker in Erscheinung. Im
Juli feiert er seinen 70. Geburtstag.

Merkel wirkte gut gelaunt, ihre Rede wurde immer wieder mit Applaus und auch Lachern honoriert. Die Veranstaltung am Abend im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus des
Bundestags war nicht öffentlich, auch Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt war
dabei. "Als Bundesumweltminister hinterließ Jürgen Trittin Spuren, die bis heute
nachwirken", sagte die frühere Kanzlerin. Sie lobte auch seine Fähigkeit zum
Kompromiss.

Trittin betonte in seiner Rede ebenfalls den Wert von Kompromissen, auch
zwischen Regierung und Opposition. Die Fähigkeit dazu sei ein Grund, weshalb
Deutschland in Europa ein Anker der Demokratie sei.

Trittin: Einladung an Merkel ist ein Signal

Zur Einladung für Merkel sagte Trittin dem "Tagesspiegel", er und die beiden Fraktionschefinnen Britta Haßelmann, Katharina Dröge hätten ein Signal setzen
wollen, dass Demokratinnen und Demokraten unterschiedlicher Parteien respektvoll
miteinander umgehen könnten. "Das ist wichtig in einer Zeit, in der die
Demokratie von ihren Gegnern angegriffen wird. Ich habe 16 Jahre Opposition
gegen Frau Merkel gemacht, dennoch respektieren wir einander." Er sagte über
sie: "Frau Merkel redet einem nicht nach dem Mund, hat aber den Witz für eine
spannende Rede. Es hat mich sehr gefreut, dass sie zugesagt hat."

Außenministerin Annalena Baerbock bezeichnete Trittin als jemanden, "der in
stürmischen Zeiten da ist und sich nicht wegduckt". Sie nannte ihn "eine der
herausragenden Persönlichkeiten nicht nur der grünen Politik, sondern (der)
Politik insgesamt". Baerbock bescheinigte Trittin analytische Schärfe und
Selbstreflexion und "vor allen Dingen auch die Fähigkeit, trotz aller Angriffe
sich nicht abhärten zu lassen, sondern immer offen zu sein für die Sicht von
anderen".

Vizekanzler Robert Habeck würdigte den 69-Jährigen als mutigen, streitbaren
und immer überzeugten Kämpfer für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Gerechtigkeit.
Es sei gut, dass Trittin auch parteiübergreifend Respekt bezeugt werde. Trotz
harter Auseinandersetzungen in der Sache wüssten Politiker, dass am Ende alle
aus Überzeugung heraus fürs Gemeinwohl stritten. "Und deswegen freue ich mich
besonders, dass Angela Merkel ihm die Ehre gibt. Und ich weiß, dass er sich
darüber auch freut. Das ist doch ein schönes Zeichen."

Özdemir über Trittin: Mit allen Wassern gewaschen

Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) sagte auf die Frage, was er von Trittin
gelernt habe: "Mit allen Wassern gewaschen sein." Auch er lobte die "schöne
Geste", dass man parteiübergreifend Respekt füreinander habe. Die Unterschiede
zwischen den demokratischen Parteien seien jeweils viel kleiner als zu den
"Deutschlandhassern, Putin-Fans und Erdogan-Fans", die das Land verrieten und
verkauften.

Umweltministerin Steffi Lemke sagte, Trittin habe für den Umwelt-, Natur-
und Klimaschutz viel geleistet. Ausgezeichnet hätten ihn "große Stringenz, große
Eloquenz und auch Härte"./hrz/DP/he

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