27.05.2024 14:17:15 - dpa-AFX: Generalstaatsanwältin: Israel kann Verdacht auf Verstöße selbst prüfen

TEL AVIV (dpa-AFX) - Die israelische Generalstaatsanwältin hat den
Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs für sein Vorgehen gegen
führende Politiker des Landes scharf kritisiert. Anwältin Gali Baharav-Miara
sagte nach Angaben der "Times of Israel" am Montag bei einer Juristenkonferenz
in Eilat, der Antrag von Karim Khan auf Haftbefehle gegen den israelischen
Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joav Galant
entbehre jeglicher Grundlage. Das israelische Justizsystem untersuche selbst
jeden Verdacht illegaler Handlungen.

"Die Entscheidung des Chefanklägers ignoriert unter anderem die Tatsache,
dass das israelische Justizsystem seine Unabhängigkeit in der Vergangenheit
bewiesen hat, seine Unvoreingenommenheit, und seine Verpflichtung gegenüber den
Werten der Wahrheit und Gerechtigkeit", sagte Baharav-Miara demnach.

"Wir schrecken nicht davor zurück, das Gesetz gegen jede Person
durchzusetzen, selbst gegen die Spitze von Militär und Staat, wenn es
wohlbegründeten Verdacht auf illegale Handlungen gibt", sagte sie weiter. "Wir
brauchen keine Hilfe von außen, um den Verdacht auf kriminelle Handlungen zu
klären."

Normalerweise kann der Internationale Strafgerichtshof nur dann
strafverfolgend tätig werden, wenn Staaten nicht willens oder nicht in der Lage
sind, eine bestimmte schwere Straftat ernsthaft zu verfolgen. Dies ist als
Grundsatz der Komplementarität bekannt.

"Die Staaten, die den Strafgerichtshof gründeten, sahen ihn als Instrument
für Situationen, in denen Rechtlosigkeit herrscht", sagte Baharav-Miara. "Das
ist nicht unsere Situation." Khan verstoße mit seinen Schritten gegen den
Grundsatz der Komplementarität, sagte sie.

Weder die USA noch Israel erkennen den Strafgerichtshof an. Die
palästinensischen Gebiete aber sind Vertragsstaat. Daher darf Khan ermitteln. Ob
die Haftbefehle tatsächlich erlassen werden, müssen nun die Richter entscheiden

Die Anwältin verwies darauf, dass das Militär gegenwärtig selbst
strafrechtliche Untersuchungen wegen möglicher Verstöße im Gaza-Krieg leite.

"Jede intelligente Person, die der Realität direkt ins Auge sieht, weiß,
dass die Herausforderungen im Kampf gegen die Hamas beispiellos sind", sagte
sie.

Baharav-Miara hatte der Netanjahu-Regierung in juristischen Fragen immer
wieder die Stirn geboten, etwa im Streit um die Justizreform, die diese gegen
den Widerstand großer Teile der Bevölkerung durchsetzen wollte./le/DP/stw

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