02.08.2024 14:54:17 - dpa-AFX: HINTERGRUND 2: Gefährdet massiver Intel-Sparkurs Chipfabrik in Magdeburg?

(neu Regierungssprecher 3. Absatz)

SANTA CLARA (dpa-AFX) - Der kriselnde Halbleiter-Pionier Intel
greift zu einem drastischen Stellenabbau, um schnell die Kosten
zu senken. Rund 15.000 Arbeitsplätze - etwa 15 Prozent der Belegschaft - sollen
wegfallen, wie Intel-Chef Pat Gelsinger an die Mitarbeiter schrieb. Insgesamt
will er zum kommenden Jahr mehr als zehn Milliarden Dollar einsparen.

Für die geplante neue Chip-Fabrik in Magdeburg sind das schlechte
Nachrichten. Zwar betonte Gelsinger, dass Intel an seiner Strategie "IDM 2.0"
(Integrated Device Manufacturing 2.0) festhalten will. Diese sieht eine
Erweiterung der eigenen Fertigungskapazitäten vor. Zu den konkreten
Investitionsvorhaben in Deutschland, Frankreich und Italien verlor der
Konzernchef jedoch kein Wort.

Die Landesregierung in Magdeburg zeigte sich aber dennoch zuversichtlich:
"Nach Auskunft von Intel ändert sich für den Standort Magdeburg in der Planung
nichts", sagte Matthias Schuppe, Regierungssprecher von Ministerpräsident Reiner
Haseloff (CDU), der Deutschen Presse-Agentur.

Dabei könnten die Job-Kürzungen bei Intel sogar noch krasser ausfallen, als
in der Mail an die Belegschaft angekündigt: In der Pressemitteilung war vom
Abbau von "mehr als" 15 Prozent die Rede - und die Zahl der Mitarbeiter wurde
mit 116.500 bei Intel und gut 125.000 im Konzern samt Tochterunternehmen
angegeben.

Chip-Fertiger für andere

Zu Gelsingers Strategie für das Überleben von Intel gehört, stärker zum
Auftragsfertiger für andere Chip-Entwickler zu werden. Dabei soll der Konzern
modernste Produktionsverfahren meistern, um im Wettbewerb gegen etablierte
Produzenten wie TSMC aus Taiwan zu bestehen. Zugleich
positionierte Gelsinger seinen Konzern geschickt als Schlüsselelement der Pläne,
wieder mehr Chip-Produktion aus Asien in den Westen zurückzuholen.

Zu den Plänen gehört auch der Bau eines rund 30 Milliarden Euro teuren Werks in Magdeburg, in dem nach früheren Angaben die modernsten Produktionsverfahren
zum Einsatz kommen sollen. Intel wartet noch auf Genehmigungen unter anderem für
die Milliardensubventionen, die die Kosten abfedern sollen. Der erste
Spatenstich wurde bisher bis Ende des Jahres angepeilt - mit einem
Produktionsbeginn ab 2027.

Könnte der Sparkurs Folgen für die Deutschland-Pläne haben?

Gelsinger betonte, dass die Auftragsfertiger-Strategie grundsätzlich bleibe. Bis es jedoch feste Bestellungen gibt, werde Intel darauf achten, nicht zu hohe
Kapazitäten aufzubauen. Man habe auch Investitionspläne an die nun erwartete
Marktentwicklung angepasst, sagte der Intel-Chef ohne nähere Details. Der
Konzern wolle zugleich schneller die Früchte der hohen Investitionen ernten.
Intel will auch in den USA neue Fabriken bauen und dafür Milliarden an Förderung
kassieren.

Intel dominierte einst die Chipbranche, fiel dann aber zurück. Ein
entscheidender Moment war der verlorene Kampf um den Platz in den heute
allgegenwärtigen Smartphones. Intel hoffte, die Stärke im PC-Geschäft auf die
Mobil-Geräte zu übertragen - doch bei den Computer-Handys setzten sich
sparsamere Prozessoren mit Architekturen des britischen Chip-Designers Arm
durch. Smartphone-Chips kommen somit in der Regel nicht von Intel, sondern von
Wettbewerbern wie Qualcomm oder TSMC.

Druck bei PC-Prozessoren und KI

Inzwischen muss sich Intel auch um die Position im PC-Markt Sorgen machen.
Apple stellte die gesamte Modellpalette seiner Mac-Computer auf
Arm-Chips aus eigener Entwicklung um. Eine Folge waren deutlich längere
Batterielaufzeiten. Im Sommer setzte auch Microsoft bei neuen
Windows-PCs mit KI-Funktionen zunächst auf Chips mit Arm-Architektur wie den
Snapdragon-Prozessor von Qualcomm. Computer mit Intel-Prozessoren sollen zwar
folgen - diese müssen aber zunächst einmal auf den Markt kommen.

Derweil musste Intel vom Spielfeldrand zusehen, wie der einst viel kleinere
Konkurrent Nvidia dank Chipsystemen zum Training Künstlicher
Intelligenz zur heißesten Adresse in der Branche wurde. Intel versucht zwar
auch, in dem Geschäft mitzumischen, liegt aber weit hinter Nvidia.

Zu Intels Sparprogramm gehört auch, vom vierten Quartal an vorerst keine
Dividende mehr zu zahlen. Die Kapitalausgaben sollen nun 20 Prozent niedriger
als ursprünglich angepeilt sein.

"Kosten zu hoch, Margen zu niedrig."

Gelsinger klang in der E-Mail an die Mitarbeiter recht dramatisch. Intels
Kostenstruktur sei "nicht wettbewerbsfähig", schrieb er unter anderem. "Unsere
Kosten sind zu hoch, unsere Margen sind zu niedrig." Der Umsatz sei im
vergangenen Jahr 24 Milliarden Dollar niedriger gewesen als 2020 - aber die
Mitarbeiterzahl zehn Prozent höher. Entscheidungen dauerten zu lange und es gebe
zu viele Reibungsverluste im System.

Im vergangenen Quartal verbuchte Intel einen Verlust von gut 1,6 Milliarden
Dollar nach einem Gewinn von 1,48 Milliarden Dollar ein Jahr zuvor. Der Umsatz
sank im Jahresvergleich um ein Prozent auf 12,8 Milliarden Dollar (11,9 Mrd.
Euro) und verfehlte damit die Erwartungen der Analysten.

Anleger verlieren das Vertrauen

Gelsinger nannte die Geschäftszahlen des vergangenen Quartals
"enttäuschend". Und auch die Lage im zweiten Halbjahr werde schwieriger sein als
bisher erwartet. Der Intel-Chef hatte Anleger zuvor oft auf die zweite
Jahreshälfte vertröstet, in der Besserung zu erwarten sei. Sie ließen die
Intel-Aktie im vorbörslichen Handel um über 20 Prozent fallen./so/chd/DP/jha

--- Von Andrej Sokolow und Christoph Dernbach, dpa ---
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
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