19.05.2024 15:03:22 - dpa-AFX: POLITIK/Ministerin: Fast 3700 Straftaten gegen politisch aktive Menschen

BERLIN (dpa-AFX) - Innenministerin Nancy Faeser prangert den starken Anstieg
von Attacken gegen politisch aktive Menschen an. Vergangenes Jahr seien 3691
Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger sowie Parteivertreter erfasst worden,
davon 80 Gewaltdelikte, schrieb die SPD-Politikerin in einem Gastbeitrag für die
"Welt am Sonntag". 2022 waren es demnach noch 1994 Delikte, davon 67
Gewaltdelikte. "Die Betroffenen werden bedroht, ihre Büros angegriffen, ihre
Wohnungen belagert, ihr privates Eigentum beschädigt oder zerstört."

Deutschland erlebe gerade eine gefährliche Eskalationsspirale aus
Politikverachtung und Aggressivität, beklagte Faeser. "Diese Spirale müssen wir
stoppen." Am Dienstag will sie die Statistik zu politisch motivierter
Kriminalität für 2023 vorstellen.

Insbesondere erinnerte die Ministerin an die Attacke Anfang Mai in Dresden
auf den Europaabgeordneten Matthias Ecke (SPD), der ins Krankenhaus geprügelt
wurde. "Es war der traurige Kulminationspunkt der großen Zahl von
Einschüchterungsversuchen, Bedrohungen und Gewalttaten in den letzten Wochen.
Wir müssen unmissverständlich zeigen, dass der Rechtsstaat diese Gewalt nicht
hinnimmt ? nicht gegen Grüne, nicht gegen AfD-Politiker, nicht gegen Vertreter
irgendeiner anderen Partei."

Ziel der Angriffe sei nicht nur die Politik, sagte die Ministerin. Auch die
Gewalt gegen Ehrenamtler oder gegen Polizei- und Rettungskräfte richte sich
gegen das Gemeinwesen. "Die Täter feiern sich für ihren Kampf gegen ein
?System?, das sie verachten. Doch sie sind und bleiben stumpfe Gewalttäter,
verachtenswerte Kriminelle." Und genau so müssten sie auch verfolgt werden, mit
hohem Ermittlungsdruck. Das sei vor allem eine Ressourcenfrage. "Wir haben die
Bundespolizei jedes Jahr um 1000 Beamtinnen und Beamte verstärkt. Einige Länder
verstärken ihre Behörden ebenfalls ? genau das brauchen wir, bei der Polizei und
auch bei der Justiz."

Faeser betonte, ihr gehe es nicht darum, bestimmte Personengruppen besser zu schützen als andere. "Eine Körperverletzung ist eine Körperverletzung, das gilt
für alle gleich." Doch gelte es etwa, Bedrohungen bis an die private Haustür von
Kommunalpolitikern zu verhindern. "Hier sind gezielte Strafverschärfungen
sinnvoll. Außerdem ändern wir das Melderecht, damit Privatadressen von
Kommunalpolitikern geschützt werden."

Jetzt noch wichtiger sei aber eine konsequentere Strafverfolgung. "Wenn
Menschen, die bedroht werden, den Eindruck haben, dass eine Strafanzeige nichts
bringt und nicht verfolgt wird, dann ist das verheerend."/toz/DP/he

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