23.05.2024 12:29:38 - dpa-AFX: ROUNDUP/DIHK-Umfrage: Deutsche Konjunktur kommt nicht in Schwung

BERLIN (dpa-AFX) - Die Unternehmen in Deutschland erwarten keine baldige
kräftige Erholung der Wirtschaft. "Die Konjunktur schmiert nicht ab, aber nach
oben geht es auch nicht", sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen
Industrie- und Handelskammer (DIHK), Martin Wansleben, am Donnerstag in Berlin
bei der Vorstellung einer neuen Konjunkturumfrage.

Geschäftslage bleibt getrübt

Nur noch knapp drei von zehn Unternehmen bewerten laut Umfrage die aktuelle
Geschäftslage als gut, ein Viertel als schlecht. Die DIHK verwies erneut auf
strukturelle Probleme: Hohe Energie- und Personalkosten, Fachkräftemangel und
eine überbordende Bürokratie belasteten die Betriebe. Dazu komme eine im
internationalen Vergleich hohe Steuerlast.

Zwar hellen sich der Umfrage zufolge die Geschäftserwartungen der Firmen auf - es überwiegen aber weiterhin die pessimistischen Einschätzungen. "Die Hoffnung
der letzten Monate, dass ein gutes Auslandsgeschäft oder eine wieder anziehende
Inlandsnachfrage als Motor der heimischen Unternehmen wirken könnten, hat sich
nicht bestätigt", sagte Wansleben. Nur ein Viertel der Unternehmen plant laut
Umfrage mit mehr Investitionen. Wansleben sprach von "alarmierenden Anzeichen
einer schrittweisen Deindustrialisierung. Die DIHK prognostiziere beim
Wirtschaftswachstum allenfalls eine Stagnation für dieses Jahr. Die
Bundesregierung sowie Wirtschaftsinstitute erwarten nur ein Mini-Wachstum.

Lage in einzelnen Branchen

Die Lagebewertung in der Industrie hat sich im Vergleich zum Jahresbeginn
2024 noch weiter verschlechtert. Neuaufträge veharrten auf einem niedrigen
Niveau, während die Kosten für Energie und Rohstoffe, Vorleistungen, Kredite
oder Löhne hoch blieben oder gestiegen seien, so die DIHK. Die
Konsumzurückhaltung belaste das Geschäft der Verbrauchsgüterproduzenten. Eine
gedämpfte Nachfrage spüre auch der Handel. Im Baugewerbe dagegen entspanne sich
die Geschäftslage leicht. Die Preise für Baumaterialien seien gesunken.

"Schönreden hilft nicht"

Zwischen den Spitzenverbänden der Wirtschaft und Kanzler Olaf Scholz (SPD)
gibt es Misstöne. Der Kanzler wirft der Wirtschaft vor, die Lage schlecht zu
reden - er verweist auf eine sinkende Inflation, sinkende Energiekosten, eine
hohe Beschäftigung sowie Fortschritte zum Beispiel beim Ausbau der erneuerbaren
Energien. Wansleben sagte am Donnerstag: "Schönreden hilft auch nicht." Die
Bundesregierung müsse nun anpacken, dies müsse bei den Verhandlungen über den
Haushalt 2025 sichtbar werden. "Der Spirit muss gedreht werden."

Konkret fordert die DIHK vor allem steuerliche Entlastungen, um Anreize für
Investitionen zu geben. Außerdem müsse die Bürokratie abgebaut und der Soli
vollständig abgebaut werden. Letzteres will die FDP, das ist aber in der
Koalition umstritten.

Der FDP-Wirtschaftspolitiker Reinhard Houben sagte: "Stagnation kann nicht
der Anspruch der deutschen Wirtschaft sein. Die Bundesregierung muss die Weichen
für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit stellen." Ein Baustein sei
Bürokratieabbau. Houben wies zudem auf die Bedeutung hin, die Neuverschuldung zu
begrenzen.

Warnung vor Handelsstreit

Belastend auswirken könnte sich eine Verschärfung des Handelsstreits mit
China. US-Präsident Joe Biden hatte Sonderzölle von 100 Prozent gegen
Elektroauto-Importe aus China verhängt. Es könnte zu Gegenmaßnahmen Chinas
kommen. Die EU untersucht derzeit, inwiefern China den Markt für E-Autos
verzerrt. Eine Entscheidung, ob die EU etwa Strafzölle erhebt, steht noch aus.

Wansleben sagte mit Blick auf die Bedeutung der deutschen Exportwirtschaft,
aus deutscher Perspektive würden Zölle keine Gewinner kennen. Politisch brächen
die Dämme, dies sei "brandgefährlich". Deutschland würde die Zeche
zahlen./hoe/DP/ngu

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH