13.05.2024 17:11:08 - dpa-AFX: ROUNDUP 2/Regeln für Mobilfunk-Ausbau: Bund peilt flächendeckende Handynetze an

(neu: Durchgehend aktualisiert nach PK.)

BERLIN/BONN (dpa-AFX) - Deutschlands Handynetze sollen besser werden.
Hierfür möchte die Bundesnetzagentur Ausbauregeln festlegen, die der
Behördenpräsident Klaus Müller am Montag in einer Entwurfsfassung vorstellte.
Dem Regelwerk kommt eine wegweisende Bedeutung zu für die künftige Qualität des
Mobilfunks in Deutschland. Ein Überblick.

Worum geht es?

Alle vier bis fünf Jahre versteigert der Bund Nutzungsrechte für
verschiedene Frequenzbänder, die für ein gutes Handynetz elementar wichtig sind.
Das spült dem Bund Milliarden in die Kasse, 2019 waren es rund 6,5 Milliarden
Euro für eine etwa zwanzigjährige Nutzung. Bei der ersten großen Auktion im Jahr
2000 waren es sogar mehr als 50 Milliarden Euro. Dieses Jahr sollte eigentlich
wieder versteigert werden, Anfang 2026 werden wichtige Frequenzen frei. Doch
diese Auktion soll nun ausfallen.

Stattdessen werden die Nutzungsrechte um fünf Jahre verlängert. In einigen
Jahren soll es doch wieder zu einer Auktion kommen, bei denen andere Frequenzen
einbezogen werden. Bei der Verlängerung sollen die Netzbetreiber nur relativ
niedrige Gebühren zahlen - bei fünf Jahren wären das rund 600 Millionen Euro
insgesamt. Im Vergleich zu den Auktionskosten 2019 sind die Gebühren also grob
gesagt ein Drittel niedriger.

Warum verzichtet der Bund auf Milliarden?

Mit der Deutschen Telekom, O2 Telefónica und Vodafone gibt es drei etablierte Netzbetreiber in Deutschland und mit 1&1 seit
Kurzem auch eine Nummer vier. Die Firma aus Montabaur baut ihr noch sehr kleines
Handynetz schrittweise aus. Dort, wo sie noch keine eigenen Antennen hat - also
in den allermeisten Gegenden Deutschlands - werden die Kunden noch mit dem
O2-Netz verbunden und bald mit dem Vodafone-Netz. 1&1 wollte an einer neuen
Auktion teilnehmen, um sich weitere Frequenzblöcke zu sichern. Aber dieses Mal
werden nicht genug Frequenzen frei, um den Bedarf von vier und nicht nur von
drei Firmen zu decken. Daher entschied sich die Behörde gegen die Auktion und
für die Verlängerung.

Warum ist das Regelwerk wichtig für Verbraucher?

Wenn die Nutzungsrechte verlängert werden, müssen sich die Netzbetreiber zur Einhaltung von Auflagen verpflichten. Damit möchte der Staat sicherstellen, dass
eine flächendeckende Versorgung allmählich Realität wird und die
Telekommunikationsfirmen nicht nur da bauen, wo der meiste Datenverkehr ist und
es sich wirtschaftlich lohnt.

Welche Auflagen sind vorgesehen?

Anfang 2030 soll jeder Netzbetreiber 99,5 Prozent der Fläche Deutschlands
mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde versorgen müssen. Aktuell liegt der Wert
laut Bundesnetzagentur im Schnitt bei etwas unter 99 Prozent. Also gibt es
wirklich nur auf gut einem Prozent der Fläche mieses Handynetz? Was klingt, als
wäre es zu schön, um wahr zu sein, sorgt selbst in Branchenkreisen für
Stirnrunzeln: Tatsächlich existiere auf einer wesentlich größeren Fläche keine
ernst zu nehmende Abdeckung, sagt ein Vertreter der Telekommunikationsbranche,
der namentlich nicht genannt werden möchte. Je nach Messparametern fielen die
Werte unterschiedlich aus - je lascher die Kriterien, desto höher der
Abdeckungswert.

Laut Webseite der Netzagentur deckte die Deutsche Telekom im
Januar 91,6 Prozent der Fläche mit 4G-Mobilfunk ab, Vodafone 91,3 Prozent und O2
86,4 Prozent. Klar ist, dass sich die Flächenabdeckung verbessern soll - wie
stark, ist aber selbst Branchenvertretern unklar. Andere Vorschriften sollen das
Handynetz auf dem Land ebenfalls verbessern, 2029 sollen mindestens 99 Prozent
der Haushalte in dünn besiedelten Gegenden einen Handyempfang von mindestens 100
Megabit pro Sekunde haben. Gleiches gilt für alle Bundesstraßen.

Die Vorgaben gelten für jeden Netzbetreiber und nicht für die Branche
insgesamt. Auch dies ist eine gute Nachricht für Verbraucher: Sie sollen sicher
sein, dass ihr Anbieter durchgängig gute Verbindung bietet. Bisher gilt nur eine
Branchenvorgabe: Ist auf einem Kilometer Bundesstraße nur Anbieter A präsent und
auf dem nächsten Kilometer nur Anbieter B, so gilt die derzeitige
Versorgungsauflage als erfüllt
- obwohl die Kunden von A und B jeweils einen Kilometer lang kein
Netz haben. Diese Anrechenbarkeit soll künftig wegfallen.

Was passiert mit 1&1?

Bei der Verlängerung der Nutzungsrechte bleibt der
Netzbetreiber-Neueinsteiger 1&1 außen vor. Mit speziellen Regeln bemüht sich die
Behörde aber darum, den daraus entstehenden Nachteil für den Internetkonzern aus
Rheinland-Pfalz zu minimieren. So sollen die drei etablierten Netzbetreiber
verpflichtet werden, 1&1 "die kooperative Mitnutzung" von Frequenzen mit großer
Reichweite zu gewähren.

Was ist sonst noch strittig?

Ein weiterer Knackpunkt ist die Frage, wie mit Telekommunikationsanbietern
ohne eigenes Handynetz verfahren wird. Freenet und andere kleine
Wettbewerber pochen hierbei auf eine Pflicht, dass die Netzbetreiber sie auf ihr
Netz lassen müssen. Dagegen sträuben sich die Platzhirsche - sie wollen frei
entscheiden, ob sie Freenet als Untermieter auf ihr Netz nehmen oder nicht. Den
Forderungen von Freenet & Co kam der Regulierer nicht nach, die Netzagentur
plant keine solche Verpflichtung. Entsprechend enttäuscht äußerte ein
Freenet-Sprecher: Die Behörde verliere eine wirksame Förderung des Wettbewerbs
aus den Augen.

Wie sind die Reaktionen?

Aus der Politik kam Zustimmung zu der geplanten Pflicht zur
Flächenversorgung. Die etablierten Netzbetreiber reagierten hingegen
zurückhaltend - ihnen wäre eine Verlängerung um acht Jahre und nicht nur um fünf
Jahre lieber gewesen. Eine Telekom-Sprecherin ärgerte sich darüber, dass der
Netzbetreiber-Neueinsteiger 1&1 von der Behörde "protegiert" werde, obwohl er
eine wichtige Ausbauauflage deutlich verfehlt habe. Das Bundeskartellamt betonte
die Wichtigkeit von wirksamen Maßnahmen, um den Wettbewerb zu fördern - im
vergangenen Jahr hatten die Wettbewerbshüter eine mögliche Verlängerung
kritisiert.

Wie geht es weiter?

Behördenchef Müller stellte einen Entscheidungsentwurf vor, den die Firmen,
Verbände und Politiker in den kommenden Monaten kommentieren können. Im Herbst
soll die finale Entscheidung fallen. Bis dahin sind Änderungen zwar möglich, ein
radikaler Kurswechsel gilt aber als unwahrscheinlich. Die nächste Auktion wird
möglicherweise im Jahr 2028 erfolgen./wdw/DP/men
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
DT.TELEKOM AG NA 555750 Frankfurt 21,740 23.05.24 18:32:18 -0,340 -1,54% 0,000 0,000 22,080 22,080
TELEFONICA INH. EO 1 850775 Frankfurt 4,180 23.05.24 15:01:42 -0,022 -0,52% 0,000 0,000 4,176 4,202
1+1 AG INH O.N. 554550 Frankfurt 17,400 23.05.24 08:13:00 -0,240 -1,36% 0,000 0,000 17,400 17,640
FREENET AG NA O.N. A0Z2ZZ Frankfurt 23,280 23.05.24 19:54:30 -0,040 -0,17% 0,000 0,000 23,460 23,320
VODAFONE GROUP PLC A1XA83 Frankfurt 0,876 23.05.24 18:54:13 -0,010 -1,13% 0,000 0,000 0,882 0,886

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