19.05.2024 14:15:06 - dpa-AFX: ROUNDUP: China leitet Anti-Dumping-Untersuchung gegen Chemikalien aus EU ein

PEKING (dpa-AFX) - China droht im Handelskonflikt mit den USA und der EU mit
Zöllen auf bestimmte Chemikalien, die teils auch in Autos verwendet werden. Das
Handelsministerium in Peking hat eine Anti-Dumping-Untersuchung eingeleitet
gegen solche Chemikalien aus der EU, den USA, Japan und Taiwan. Wie das
Ministerium am Sonntag weiter mitteilte, handelt es sich bei den betroffenen
Chemikalien um "copolymerisiertes Paraformaldehyd", das Kupfer, Zink, Zinn, Blei
und andere metallische Werkstoffe teilweise ersetzen könne und unter anderem in
Automobilteilen, elektrischen Geräten und Industriemaschinen verwendet werde.
Unter Dumping versteht man im Außenhandel, dass ein Produkt unter dem
Herstellungspreis veräußert wird, was gegen Handelsregeln verstößt.

Die Untersuchung soll innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein, könne
jedoch "unter besonderen Umständen" um weitere sechs Monate verlängert werden,
hieß es. Ein EU-Sprecher sagte am Sonntag auf Anfrage in Brüssel, die
Europäische Kommission nehme diese Entscheidung der Volksrepublik China zur
Kenntnis. "Wir werden nun den Inhalt der Untersuchung sorgfältig prüfen, bevor
wir über die nächsten Schritte entscheiden."

Die Maßnahme der chinesischen Regierung wird von Experten als Gegenreaktion
auf die jüngsten Handelsstreitigkeiten mit dem Westen gewertet. So hat
US-Präsident Joe Biden unter anderem Sonderzölle von 100 Prozent gegen
Elektroauto-Importe aus China verhängt. Die EU untersucht derzeit selbst,
inwiefern China den Markt für E-Autos verzerrt. Eine Entscheidung, ob die EU
etwa Strafzölle erhebt, steht noch aus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die
deutsche Wirtschaft hatten sich gegen solche Zölle ausgesprochen.

Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange
(SPD), rechnet damit, dass auch die EU bald Zölle auf chinesische Elektroautos
erheben wird. "Ich gehe davon aus, dass die Untersuchungen unfairer
Handelspraktiken bei einigen Produkten zu Ausgleichszöllen führen werden", sagte
Lange dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der SPD-Politiker kritisierte
den Vorstoß der Amerikaner: "Die USA haben ihre Haltung in Handelsfragen
fundamental geändert." Amerikanische Interessen hätten Vorrang, internationale
Regeln zählten immer weniger. Für Europa sieht Lange ein großes Risiko, dass nun
noch mehr chinesische Exporte in den europäischen Markt drängten.

Aus Sicht von CDU-Chef Friedrich Merz sollte die Europäische Union mit der
möglichen Verschärfung von Importzöllen sehr zurückhaltend umgehen. "Die USA und
China werden sonst ihrerseits reagieren und Zölle erheben und vorhandene Zölle
noch weiter anheben", warnte Merz in einer Rundmail an seine Unterstützer. Auch
wenn die jetzige Phase der Handelspolitik in die andere Richtung zeige, sollte
die EU grundsätzlich festhalten an ihrer Überzeugung, dass offene Märkte und ein
freier Welthandel am ehesten geeignet seien, Wohlstand und Wachstum zu
ermöglichen.

Scholz hatte jüngst vor einer Abschottung der Märkte gewarnt.
"Protektionismus macht am Ende alles nur teurer", sagte er kürzlich in Berlin.
"Was wir brauchen, ist ein fairer und ein freier Welthandel." Offene Märkte
dürften nicht "unter die Räder geraten". Der Industrieverband BDI hatte gewarnt,
Deutschland und die EU sollten jetzt sorgfältig darauf achten, dass der
EU-Binnenmarkt nicht zum Puffer für chinesische Überkapazitäten werde, die auf
dem US-Markt ausgebremst werden./fk/DP/he

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