24.05.2024 15:36:18 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Sellering legt Vorstandsvorsitz der Klimastiftung MV nieder

SCHWERIN (dpa-AFX) - Mecklenburg-Vorpommerns früherer Ministerpräsident
Erwin Sellering hat überraschend seinen Rücktritt vom Amt des
Vorstandsvorsitzenden der Klimastiftung MV erklärt. Er gehe davon aus, dass sich
mit seinem Abschied auch das Land als Stifter zurückziehe und so die Stiftung
fortgeführt werden könne, teilte der SPD-Politiker am Freitag in Schwerin mit.

Um den Fortbestand der umstrittenen Stiftung, die Anfang 2021 auf Betreiben
der Landesregierung gegründet worden war, um die Fertigstellung der
Erdgasleitung Nord Stream 2 zu ermöglichen, gibt es seit langem Streit. Zwar
hatte der Landtag im März 2022 als Reaktion auf den russischen Überfall auf die
Ukraine die Auflösung der Stiftung beschlossen. Doch hatte Sellering, von der
Landesregierung mit der Leitung betraut, dies unter Hinweis auf die Maßgaben des
deutschen Stiftungsrechts abgelehnt und die Stiftung gegen den Willen von
Parlament und Regierung fortgeführt.

"Der Vorstand hat die Stiftung über Jahre gegen alle Angriffe und
Auflösungsversuche erfolgreich verteidigt", erklärte Sellering. Es sei nun klar,
dass diese ohne rechtliche Grundlage gewesen seien. Damit stehe fest, dass die
Angriffe nicht mehr ernsthaft fortgesetzt werden könnten und die Zukunft der
Stiftung gesichert sei. "Das ist für mich ein guter Zeitpunkt, um
zurückzutreten", sagte der 74-Jährige.

Laut Satzung obliegt es der Landesregierung, nun einen neuen Vorstand
einzusetzen. Dazu gab es am Freitag aber noch keine Informationen aus der
Staatskanzlei. Das Verhältnis zwischen Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und
ihrem Vorgänger und einstigen Förderer Sellering (beide SPD) gilt wegen dessen
Agieren als Chef der Klimastiftung als schwer belastet.

Eine Reaktion auf Sellerings Rücktritt kam hingegen aus dem
Innenministerium. "Die Landesregierung nimmt diesen Schritt mit Respekt zur
Kenntnis. Das Ziel der Landesregierung ist es, die Stiftung in die
Zivilgesellschaft zu überführen", machte Innenminister Christian Pegel (SPD)
deutlich, der als Architekt der Stiftung gilt. Dieser Weg basiere auf dem
Vorschlag eines vom Landtag beauftragten Rechtsgutachters. "Die Landesregierung
ist dazu gern gesprächsbereit", betonte Pegel. Große Teile der Opposition im
Landtag beharren aber auf Auflösung.

Das Gutachten hatte Sellerings Rechtsposition bestätigt, dass die Stiftung
nicht rechtssicher aufgelöst werden kann. Der Gutachter regte daher an, die
Stiftung aus dem politischen Einfluss des Landes zu lösen und ganz an die
Zivilgesellschaft zu übertragen. Das strebte zuletzt auch Sellering per
Satzungsänderung an. Dem Vernehmen nach liegen die Vorschläge dazu bereits bei
dem für die Stiftungsaufsicht zuständigen Justizministerium.

Die Stiftung ist umstritten, weil sie vor allem mit Geld aus Russland
finanziert wird. Die Nord Stream 2 AG, ein Tochterunternehmen des russischen
Staatskonzerns Gazprom, brachte für Umweltprojekte 20 Millionen Euro in die
Stiftung ein, das Land gab 200 000 Euro als Stiftungseinlage. Außerdem
finanzierte Nord Stream 2 die wirtschaftlichen Aktivitäten zur Fertigstellung
der russisch-deutschen Gasleitung unter dem Dach der Stiftung mit mindestens 165
Millionen Euro. Ein Sonderausschuss des Landtags befasst sich mit den Umständen
der Stiftungsgründung und dem Wirken der Stiftung./fp/DP/ngu

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