21.05.2024 13:41:44 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP/USA: Chefankläger des Strafgerichtshofs sollte Israel besuchen

WASHINGTON (dpa-AFX) - Der Chefankläger des Internationalen
Strafgerichtshofs (IStGH), Karim Khan, hat nach Angaben der US-Regierung einen
geplanten Besuch in Israel kurz vor der Beantragung von Haftbefehlen gegen
Regierungschef Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joav Galant im
Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg abgesagt. Die Reise Khans nach Israel sei für
die kommende Woche geplant gewesen, hieß es in einer am Montag (Ortszeit)
veröffentlichten Mitteilung von US-Außenminister Antony Blinken. Dabei sollte
Khan mit der israelischen Regierung eigentlich noch über die Ermittlungen
sprechen und auch ihre Sicht hören.

Die Mitarbeiter des Chefanklägers sollten demnach bereits am Montag in
Israel landen, um den Besuch vorzubereiten. Dass sie nicht an Bord ihres
Flugzeugs gegangen seien, habe die israelische Regierung erst erfahren, als die
Anträge zu den Haftbefehlen im Fernsehen verkündet wurden. "Diese und andere
Umstände stellen die Legitimität und Glaubwürdigkeit dieser Untersuchung
infrage", hieß es in der Mitteilung.

Der Strafgerichtshof ging auf Anfrage nicht auf Berichte über eine mögliche
Reise des Chefanklägers oder seiner Mitarbeiter nach Israel ein. Er betonte
aber, dass der Chefankläger sich seit drei Jahren bemühe, den Dialog mit Israel
zu verbessern und Informationen zu erhalten, die für die Ermittlungen des
Strafgerichtshofs relevant seien. "Trotz erheblicher Bemühungen hat die
Anklagebehörde keine Informationen erhalten, aus denen hervorgeht, dass auf
innerstaatlicher Ebene wirklich etwas gegen die vorgeworfenen Verbrechen oder
die Personen, gegen die ermittelt wird, unternommen wird."

Der Ankläger habe auch wiederholt seine Besorgnis über die Einhaltung des
humanitären Völkerrechts durch Israel unterstrichen und öffentlich betont, dass
er trotz seiner früheren Erklärungen keine erkennbare Verhaltensänderung
festgestellt habe, hieß es vom Strafgerichtshof. Dieser werde sich weiter mit
Israel und allen für die Untersuchung relevanten Staaten auseinandersetzen. Der
Ankläger habe unterstrichen, dass die Bewertung der Komplementarität wie in
allen Fällen vor dem Gerichtshof fortgesetzt werden wird. Der Grundsatz der
Komplementarität besagt, dass der Gerichtshof nur dann strafverfolgend tätig
werden kann, wenn Staaten nicht willens oder nicht in der Lage sind, eine
bestimmte schwere Straftat ernsthaft zu verfolgen.

Khan hatte am Montag einen Haftbefehl wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen
die Menschlichkeit gegen Israels Regierungschef und seinen Verteidigungsminister
beantragt. Auch für den Anführer der islamistischen Hamas im Gazastreifen,
dessen Stellvertreter sowie gegen den Auslandschef der Hamas wurden Haftbefehle
beantragt. Netanjahu und Galant wird unter anderem vorgeworfen, für das
Aushungern von Zivilisten als Methode der Kriegsführung sowie für willkürliche
Tötungen und zielgerichtete Angriffe auf Zivilisten verantwortlich zu sein. Ob
die beantragten internationalen Haftbefehle erlassen werden, müssen nun die
Richter des IStGH entscheiden./alz/DP/ngu

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