09.07.2024 16:04:44 - dpa-AFX: ROUNDUP: Kampf um Zukunfts-Jobs - digital, sauber und sicher?

BERLIN (dpa-AFX) - Umstellung für Millionen Beschäftigte: Der Siegeszug der
Künstlichen Intelligenz in den Unternehmen verändert die Jobs in Deutschland
massiv. Umfragen zeigen Sorgen, aber auch positive Erwartungen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) lotete auf einer Sommerreise die
Umstellungen und Risiken für Millionen Beschäftigte aus. Die Menschen stimmte
Heil auf den Wandel ein: Dort, wo Jobs automatisiert würden, sei berufliche
Neuorientierung nötig.

Beispiel Handel, Banken und Versicherungen: Auch anspruchsvolle Arbeit sei
in diesen Bereichen in großem Stil vom Durchmarsch der Künstlichen Intelligenz
(KI) betroffen. In der Industrie hingegen falle die Arbeit unterm Strich nicht
weg, so Heil. Doch auch hier: Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
änderten sich die Anforderungen.

Ängste und Erleichterungen

Nach einer repräsentativen Umfrage von Bitkom Research fühlen sich 41
Prozent der Menschen in Deutschland von digitalen Technologien häufig
überfordert. Für 85 Prozent machen digitale Technologien und Anwendungen ihr
Leben nach eigenen Angaben aber leichter. Knapp jede und jeder Vierte macht sich
einer weiteren Umfrage der Beratungsgesellschaft Ernst & Young zufolge Sorgen
darüber, durch Maschinen oder Technologien ersetzt zu werden. Laut einer Studie
des McKinsey Global Institute könnten bis 2030 in Deutschland bis zu drei
Millionen Jobs von einer Veränderung durch KI betroffen sein.

Roboter statt Erntehelfer

Heil ließ sich vor Augen führen, was KI heute im Betrieb heißen kann
- etwa auf einem Obstbaubetrieb in Baden, wo Hightech für Beschattung
und Energie aus Solarmodulen zuständig ist. Das Max-Planck-Institut für
Intelligente Systeme in Tübingen zeigte, auf was es bei der Entwicklung von
Ernterobotern ankommt: Ein gelber Roboter, eine Art Riesenkäfer auf Metall,
stakste noch ungelenk über ein Probefeld.

"Wie lange dauert es, bis das kein Prototyp mehr ist", fragte Heil.
Max-Planck-Gruppenleiter Dieter Büchler antwortete, es dauere noch, bis der
Roboter zum Beispiel Erdbeeren am Boden, teils von Blättern verdeckt, pflücken
könne. Heute würden Feldfrüchte oft so gezogen und angebaut, dass die Maschinen
sie leichter erreichen können. Doch - so der Forscher - die Entwicklung gehe
rasant. Die Techniker bringen den Maschinen menschliche Bewegungen bei. Auch
Erdbeeren am Boden seien wohl bald kein Problem mehr. Prognosen über die Wucht
der Veränderungen seien wegen des Tempos des Wandels kaum möglich. "Es kann gut
sein, dass wir erst am Anfang der Entwicklung sind", so der Tübinger Forscher.

Lernende Computer-Systeme überall: In kaum einem Bereich bleibt KI außen
vor, wie Heil sagt. Kaum ein Kinofilm und kaum eine komplexere ärztliche
Diagnose gibt es ohne neuste Technologie. Dominieren die Chancen oder die
Risiken? Heil meint, die Möglichkeiten für Fachkräftesicherung und eine
"Humanisierung der Arbeitswelt" könnten durch KI steigen. Er kündigte neue
Datenschutz-Regeln für Beschäftigte an. Das entsprechende Gesetz solle
Unternehmen und Beschäftigten klar sagen, was erlaubt sei und was nicht -
geboten sei etwa absoluter Datenschutz bei Gesundheits- und Vitaldaten.

Heil: Alle Beschäftigten bekommen mit KI zu tun

Auch künftig dürfte menschliche Arbeit in einigen Bereichen unersetzlich
sein. Heil machte dafür auf Gesundheit, Bildung und Pflege aufmerksam. Aber auch
da halte KI Einzug - "zum Beispiel, um eine Pflegekraft von
Dokumentationspflichten durch Spracherkennungssysteme zu entlasten". Heil: "Wir
werden erleben, dass bis 2035 praktisch jeder Job in der einen oder anderen
Weise mit Künstlicher Intelligenz zu tun hat - auf unterschiedliche Art."

Offen ist noch, wo die ganzen benötigten IT-Experten, Programmierer und
Programmiererinnen herkommen sollen. Heil verwies auf den großen Anteil junger
Inderinnen und Inder unter allen, die in Deutschland im Bereich KI promovieren.
"Da ist noch viel mehr von uns zu holen", kündigte der Arbeitsminister an.
Menschen aus Indien sollten künftig gezielter aus Deutschland angesprochen
werden. Bereits vor rund einem Jahr waren Heil und Wirtschaftsminister Robert
Habeck (Grüne) in Indien auf Charmeoffensive. Es soll nicht die letzte
Anwerbeaktion in dem Land sein, in dem es anders als in Deutschland so viele
junge Leute gibt, dass sie gar nicht alle auf dem heimischen Arbeitsmarkt
unterkommen können./bw/DP/men

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