23.06.2024 15:53:18 - dpa-AFX: ROUNDUP: Debatte um Haushalt - Scholz: Müssen mit dem auskommen, was wir haben

BERLIN (dpa-AFX) - Im Streit um den Bundeshaushalt 2025 ringt die
Ampelkoalition weiter um Lösungen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) verteidigte am
Sonntag geplante Einsparungen im Etat. "Wir müssen mit dem Geld auskommen, das
wir haben. Daran führt nun mal kein Weg vorbei", sagte er im Sommerinterview der
ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Aus seiner SPD wurden indes erneut Rufe nach
mehr Investitionen laut. Gegen Kürzungen bei Sozialausgaben soll in der Partei
ein Mitgliederbegehren auf den Weg gebracht werden. Finanzminister Christian
Lindner sieht bei den Verhandlungen noch viel Arbeit vor der Ampel. "Wir haben
die Landezone noch nicht erreicht", sagte der FDP-Chef der "Neuen Osnabrücker
Zeitung" ("NOZ"/Samstag).

Scholz, Lindner und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) haben schwierige
Verhandlungen über den Etat begonnen. Mehrere Ministerien wollen Sparvorgaben
nicht nachkommen. Lindner pocht aber darauf, dass die im Grundgesetz verankerte
Schuldenbremse eingehalten wird. Die Koalition peilt an, am 3. Juli den
Etatentwurf im Kabinett zu beschließen. Lindner hatte angedeutet, dass es auch
später werden könnte. Regierungssprecher Steffen Hebestreit ließ ein Zeitfenster
bis zum Nato-Gipfel erkennen, der am 9. Juli beginnt. Scholz sagte am Sonntag in
der ARD, er sei "ganz zuversichtlich, dass wir den Haushalt im Juli auf den Weg
bringen".

Lindner sagte der "NOZ", der Staat müsse in seinen Kernaufgaben
handlungsfähiger werden, weshalb er sich nicht in allem Möglichen verzetteln
dürfe. "In der Beschränkung liegt insofern die Chance, die wirklich wichtigen
Vorhaben bei Bildung, Digitalisierung, Infrastruktur und Sicherheit verstärkt
anzugehen."

Scholz zu möglicher Notlage: Erstmal Hausaufgaben machen

Die Koalition habe sich fest vorgenommen, einen Haushalt aufzustellen, der
sich entlang der Finanzplanung für die Ressorts bewege, sagte Scholz in der ARD.
Darüber werde sehr konstruktiv geredet. Zur Frage, eine Notlage wegen des
Ukraine-Krieges festzustellen, um den Spielraum für neue Schulden zu vergrößern,
sagte Scholz, es gehe jetzt darum, "erst mal seine Hausarbeiten zu machen und
Stück für Stück jeden einzelnen Haushaltsposten durchzugehen und nicht irgendwie
sich den bequemen Ausweg zu suchen".

Teile der SPD mit Mitgliederbegehren gegen Kürzungen

Innerhalb der SPD warnte etwa Sozialminister Hubertus Heil (SPD) im
Deutschlandfunk vor Kürzungen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik. SPD-Chefin
Saskia Esken hatte Lindner vor einem zu rigiden Sparkurs und in diesem
Zusammenhang vor einem "historischen Fehler" gewarnt. Dieser konterte in der
"NOZ": "Auch Frau Esken muss erkennen, dass der Wohlstand erst erwirtschaftet
werden muss, bevor er verteilt werden kann."

Linke Sozialdemokraten brachten beim SPD-Vorstand unterdessen ein
Mitgliederbegehren zu den Haushaltsverhandlungen auf den Weg. In einem
Beschlussvorschlag wird gefordert, unter anderem in den Bereichen Soziales,
Gesundheit, Jugend, Familie und Bildung im Vergleich zum Vorjahreshaushalt nicht
zu kürzen. Auch die Jusos tragen das Papier mit.

In der Parteiführung wird die Initiative teils kritisch gesehen.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte der "Welt am Sonntag":
"So ein Bundeshaushalt ist mehr als komplex und für eine Mitgliederbefragung
denkbar ungeeignet." Auch Scholz erklärte darauf angesprochen am Sonntag: "Über
den Bundeshaushalt wird ja laut dem Grundgesetz im Bundestag entschieden, und
das ist auch der richtige Ort, solche Debatten zu führen."

Scholz: Werden Sozialstaat verteidigen

Scholz betonte gleichzeitig, Einschnitte bei Sozialausgaben abzuwenden: "Wir werden den Sozialstaat verteidigen. Und wir werden ihn auch entwickeln." Beim
Bürgergeld gelte es, die Treffsicherheit zu erhöhen. "Das heißt, dass niemand
sich drücken kann, dass man mitarbeitet, um die eigene Arbeitslosigkeit zu
überwinden." Es dürfe auch nicht passieren, dass jemand arbeite, Einkommen
verschweige und gleichzeitig Bürgergeld bekomme. Deshalb würden
Schwarzarbeits-Kontrollen des Zolls ausgebaut. Die Koalition werde dazu auch
noch Gesetzesverschärfungen beschließen, machte Scholz
deutlich./sam/shy/and/mfi/thn/DP/he

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