27.06.2024 13:41:12 - dpa-AFX: Gericht: Arbeitsunfall bei betrieblicher Impfung nicht ausgeschlossen

KASSEL (dpa-AFX) - Ein Arbeitsunfall bei einer betrieblichen Impfung ist
nicht ausgeschlossen. Das entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am
Donnerstag. Der Kläger hatte als Leiter eines Krankenhaus-Caterers im November
2009 freiwillig an einer vom Krankenhaus organisierten Impfung gegen
Schweinegrippe teilgenommen. Jahre später traten Fieberschübe auf, die er auf
die Impfung zurückführt. Er beantragte daraufhin Leistungen aus der gesetzlichen
Unfallversicherung.

Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte es ab, einen Arbeitsunfall
anzuerkennen. Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit seien grundsätzlich dem
unversicherten Lebensbereich zuzurechnen. Der Kläger hingegen argumentierte, mit
dem Impfangebot seien wechselseitige Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis
erfüllt worden. Zumindest habe ein immanenter Druck bestanden, sich als Vorbild
für andere Mitarbeiter impfen zu lassen.

Das Sozialgericht Koblenz und das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz
bestätigten diese Auffassung. Arbeitsrechtlich habe keine Impfpflicht bestanden,
entschieden sie. Allein die subjektive Vorstellung, durch die Impfung auch
betrieblichen Interessen zu dienen, reiche nicht aus, um Versicherungsschutz zu
begründen.

Das BSG hob das Urteil der Vorinstanz auf und verwies den Fall zurück an das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz. Eine planmäßig und freiwillig durchgeführte
Impfung könne ein Unfallereignis sein, wenn sie zu einem Gesundheitsschaden
führe, entschieden die Kasseler Richter. Hinzukommen müsse der innere
Zusammenhang der konkreten Impfung mit der versicherten Tätigkeit. Dieser sei
nicht schon dann gegeben, wenn die Impfung vom Arbeitgeber empfohlen, finanziert
und anschließend im Betrieb durchgeführt werde. Er könne aber angenommen werden,
wenn die Teilnahme an der Impfung wesentlich betrieblichen Zwecken diene.

In einem Krankenhaus mit einem gesteigerten Interesse an einem möglichst
umfassenden Gesundheitsschutz für Patienten könne dies dann der Fall sein, wenn
die Impfung aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich gewesen sei
oder der Beschäftigte dies aufgrund besonderer Umstände berechtigterweise habe
annehmen dürfen. Dabei sei die damalige besondere Empfehlung der Ständigen
Impfkommission zur Schweinegrippe zu berücksichtigen, die sich erster Stelle an
alle Beschäftigten der unmittelbaren Gesundheitsversorgung mit Patientenkontakt
gerichtet habe. Zu diesen besonderen Umständen habe das Landessozialgericht
keine Feststellungen getroffen. Dies müsse nachgeholt werden./nis/DP/jha

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