04.07.2024 22:34:26 - dpa-AFX: ROUNDUP: Rekord bei Balkonkraftwerken - Erleichterungen für Mieter

BERLIN/BONN (dpa-AFX) - Die Zahl der Balkonkraftwerke in Deutschland wächst
immer schneller - und die kleinen Solaranlagen sollen noch einen weiteren Schub
bekommen. Der Bundestag beschloss, dass es für Mieter und Wohnungseigentümer
einfacher werden soll, ein Balkonkraftwerk anzubringen. Nach dem gerade
abgelaufenen Rekordquartal sieht Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des
Bundesverbands Solarwirtschaft, das als "Booster für die Solarisierung von
Balkonen". Er rechnet mit einem weiteren Nachfrageschub bei den sogenannten
Steckersolargeräten.

Im zweiten Quartal gingen laut dem Marktstammdatenregister der
Bundesnetzagentur so viele der kleinen Solaranlagen in Betrieb wie nie zuvor.
Stand Mittwoch zeigte es mehr als 152.000 Balkonkraftwerke, die von April bis
Juni in Betrieb gingen. Das ist ein gewaltiges Plus von 52 Prozent zum
bisherigen Rekordhalter, dem zweiten Quartal 2023. Insgesamt verzeichnet das
Marktstammdatenregister derzeit gut 563.000 Anlagen in Betrieb. Die wirklichen
Zahlen dürften sogar noch höher sein, da es eine mehrwöchige Nachmeldefrist gibt
und manche Anlagen schlicht nicht angemeldet werden.

Erleichterungen für Mieter und Wohnungseigentümer

Der Bundestag beschloss Änderungen im Mietrecht und im
Wohnungseigentumsrecht. Das Gesetz muss noch den Bundesrat passieren. Um ein
Balkonkraftwerk anbringen zu dürfen, brauchen Mieterinnen und Mieter bislang die
ausdrückliche Zustimmung ihres Vermieters - beziehungsweise als
Wohnungseigentümer die Genehmigung der Eigentümergemeinschaft. Diese Zustimmung
kann bisher ohne sachlichen Grund verweigert werden.

Nun soll die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte in den Katalog der
sogenannten privilegierten Maßnahmen aufgenommen werden. Das sind bauliche
Veränderungen, die von Vermietern und Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG)
nicht einfach blockiert werden können - etwa Umbauten für Barrierefreiheit oder
Einbruchschutz. Vermieter und die WEG sollen zwar immer noch ein Mitspracherecht
haben, wenn es darum geht, wie genau ein Steckersolargerät am Haus angebracht
wird. Ob so eine Anlage überhaupt installiert werden darf, wäre dann aber nicht
mehr grundsätzlich strittig.

BSW lobt "Recht zur Ernte von Sonnenstrom"

Die FDP-Politikerin Katharina Willkomm sagte im Bundestag, noch gebe es zu
hohe rechtliche Hürden für Steckersolargeräte. "Das ändern wir heute." Die
SPD-Abgeordnete Zanda Martens sagte, bisher sei die notwendige Zustimmung des
Vermieters oft die größte Hürde, dies werde nun abgebaut.

Körnig sagte, es werde quasi ein "Recht zur Ernte von Sonnenstrom"
gesetzlich verankert. Daniel Föst, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der
FDP-Bundestagsfraktion sprach von einem wichtigen Schritt, der große
Energieeinsparungen in den Haushalten ermögliche. Die Grünen-Energiepolitikerin
Katrin Uhlig lobte, die Änderungen machten das Installieren einer
Steckersolaranlage nochmals leichter. "So können noch mehr Menschen einfacher an
der Energiewende teilhaben und sie aktiv mitgestalten."

Der SPD-Abgeordnete Daniel Rinkert sieht mit den Änderungen die Energiewende in den eigenen vier Wänden gestärkt. Damit würden Mieter und Eigentümer in die
Lage versetzt, selbst zu entscheiden, ob sie solche Geräte bei sich zu Hause
installieren wollten.

Bereits Vereinfachungen beschlossen

Schon im abgelaufenen Quartal hatten die Balkonkraftwerke Rückenwind aus
Berlin bekommen. So war zum 1. April die Registrierung der Geräte vereinfacht
worden. Inzwischen reicht eine vereinfachte Anmeldung im Marktstammdatenregister
der Bundesnetzagentur.

Auch ein Solarpaket ist in Kraft - es erlaubt unter anderem die Nutzung
einer normalen Steckdose für die Anlagen, den vorübergehenden Einsatz alter,
nicht digitaler Zähler und eine höhere Leistung von jetzt 800 Watt am
Wechselrichter statt der bisher gültigen 600 Watt. Fast jeder Abbau von
Bürokratie führe zu einer Belebung der Nachfrage, sagt Körnig.

Zudem dürfte der aktuelle Boom auch von günstigeren Preisen gespeist worden
sein. Der BSW führe dazu zwar keine Statistik, sagt Körnig. Er gehe aber davon
aus, "dass - wie bei den Modulpreisen auch - hier in den letzten Monaten
Preissenkungen stattgefunden haben". In Baumärkten waren die Balkonkraftwerke
zuletzt teils für wenige Hundert Euro zu haben.

Laut RWTH Aachen in drei bis sechs Jahren rentabel

Balkonkraftwerke sind verhältnismäßig kleine Solaranlagen, die per Steckdose mit dem Haushaltsnetz verbunden werden. Sie müssen dabei nicht am namensgebenden
Balkon hängen. Der von ihnen produzierte Strom senkt den Verbrauch und damit die
Stromrechnung ihrer Betreiber. Überschüssiger Strom fließt dabei unentgeltlich
ins öffentliche Netz. Ob sie sich lohnen, hängt neben dem Anschaffungspreis und
dem Standort auch davon ab, ob die Betreiber während der Zeit, in der sie Strom
erzeugen, diesen auch verbrauchen. Einer kürzlich veröffentlichten Studie der
RWTH Aachen im Auftrag von Eon zufolge lohnen sie sich im Schnitt
ab einer Betriebszeit von drei bis sechs Jahren./ruc/DP/he

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