24.06.2024 23:07:44 - dpa-AFX: EM 2024: Mutlos-Italiener zittern sich ins Achtelfinale - 1:1 gegen

LEIPZIG (dpa-AFX) - Titelverteidiger Italien hat trotz einer fußballerisch
dürftigen Vorstellung das Achtelfinale der Fußball-EM abgewendet. Die Squadra
Azzurra zeigte am Montagabend eine von viel Taktik geprägte Leistung und rettete
sich in der Nachspielzeit mit einem 1:1 (0:0) gegen Kroatien in die K.o.-Runde
der Fußball-EM.

Nach der schwer ernüchternden 0:1-Niederlage gegen Gruppensieger Spanien
reichte der Punkt gegen den WM-Dritten von 2022, um als Zweiter weiterzukommen
und nun gegen die Schweiz anzutreten. Für Kroatien ist die K.o.-Runde mit zwei
Punkten nur noch rechnerisch möglich, dem 38 Jahre alten Fußball-Nationalheld
Luka Modric droht damit ein glanzloser Abgang von der großen Länderspiel-Bühne.

Modric selbst hatte die Vatreni in Führung gebracht. 31 Sekunden, nachdem er mit einem Handelfmeter an Italiens Kapitän Gianluigi Donnarumma gescheitert war,
traf er in Mittelstürmer-Manier im Fallen aus kurzer Distanz (55.) und machte
sich zum ältesten Torschützen der EM-Historie. Doch die Freude wehrte nicht
lange, denn Mattia Zaccagni (90.+8) traf für die Italiener sehr spät zum
glücklichen Ausgleich.

Pfiffe für die Italiener

Schon knapp eine Stunde vor dem Anpfiff bekamen die Italiener einen
Eindruck, was sie erwarten würde. Mit gellenden Pfiffen von Zehntausenden
kroatischen Fans wurden sie allein beim Aufwärmen auf den Rasen empfangen. "Es
gibt Spiele, die darüber entscheiden, ob man eine großartige oder eine kleine
Geschichte schreiben kann", hatte Trainer Luciano Spalletti tags zuvor schon
betont.

Doch war es nicht seine Mannschaft, in der für viele überraschend die
zuletzt enttäuschenden Jorginho und Giovanni di Lorenzo wieder von Beginn an
spielten, sondern die kroatische, die mit Willen und Entschlossenheit ihre
EM-Story fortschreiben wollte. Präsent, kompromisslos, zielstrebig agierte die
Mannschaft von Trainer Zlatko Dalic.

Erste große Chance für die Kroaten - Donnarumma macht den Neuer

Die Italiener rückten mit jeder Minute weiter in die eigene Hälfte, auch das hatte Spalletti vorher schon angedeutet: ein vielleicht etwas weniger
attraktives Spiel. Für die ersten Stimmungsmomente sorgten die Kroaten.

Und für was für einen: Der neu in die Startelf gerückte Luka Sucic zog aus
rund 20 Metern ab, in Manuel-Neuer-Manier streckte sich Italiens Gianluigi
Donnarumma und fischte den Ball aus dem Winkel. Nicht mal fünf Minuten waren da
gespielt.

Die kroatischen Fans drehten noch mehr auf. Als Modric um einen fast
ausweglosen Ball kämpfte, schallten Luka, Luka-Rufe durch das Stadion, das fest
in rot-weißer Hand war. Und die Spieler auf dem Rasen waren im Vergleich zu dem
0:3 gegen Gruppensieger Spanien und dem 2:2 gegen Albanien kaum
wiederzuerkennen.

Mehr und bessere Chancen für die Defensiv-Italiener

Angetrieben auch von Linksverteidiger Josko Gvardiol an seiner ehemaligen
Wirkungsstätte als Ex-Leipziger, setzten die Kroaten die Squadra Azzurra unter
Druck. Allerdings fehlten Präzision und Ideen, um direkt vor dem Tor von
Donnarumma für weitere gefährlich Momente zu sorgen.

Solange kein Gegentor fiel, dürfte das Spallettis Plan gewesen sein. Schön
war es nicht, aber es wäre sogar richtig effektiv gewesen, wenn der neu in die
Sturmspitze beorderte Mateo Retegui seinen beiden Chancen (21./26.) genutzt oder
Kroatiens Keeper Dominik Livakovic gegen Alessandro Bastoni (27.) sowie Lorenzo
Pellegrini (36.) nicht pariert hätte.

Modric trifft und das Stadion bebt

Und dann wurde die mutlose Vorstellung der Italiener bestraft. Davide
Frattesi, in der Pause für Pellegrini eingewechselt, bekam den Ball an den Arm:
Elfmeterpfiff nach Videostudium. Vor der Kurve der Kroaten nahm Modric Anlauf -
und scheiterte an Donnarumma. Eine halbe Minute später war der Ball dann
trotzdem im Tor. Und es war Fehlschütze Modric, der ihn nach einem starken
Abwehrversuch von Italiens Star-Keeper per Abstauber ins Netz beförderte.

Das Stadion bebte, Bierbecher flogen, alle kroatischen Spieler rannten zu
Modric, der mit 38 Jahre und 289 Tagen traf. Keiner war jemals älter. Italien
versuchte es nun, doch auch die späten Bemühungen nach der langen Passiv-Phase
waren zu wenig. Modric wurde zehn Minuten vor dem Ende ausgewechselt und erhielt
großen Applaus und verfolgte die dramatischen Schlussminuten im Stehen. Und dann
musste er mitansehen, wie Zaccagni bei einem Konter in der Nachspielzeit den
Ball ins Tor schlenzte./jmx/DP/he

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