24.05.2024 18:10:24 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: 75 Jahre Grundgesetz - Berlin feiert Volksfest für Verfassung

BERLIN (dpa-AFX) - Kostenlose Cocktails in den schwarz-rot-goldenen Farben
Deutschlands und Eis-Röllchen blau wie die Flagge der Europäischen Union: Zum
75. Geburtstag des Grundgesetzes zeigt sich die Bundesregierung spendabel.
Bereits zum Auftakt des dreitägigen Demokratiefests am Freitag zog die Feier zum
runden Jubiläum unzählige Menschen ins Berliner Regierungsviertel. Nach dem
Auftakt mit dem Staatsakt für die politische Prominenz samt Rede des
Bundespräsidenten können nun die Bürgerinnen und Bürger "ihr" Grundgesetz
feiern.

Eine der Hauptattraktionen des ersten Tages war der Kanzler. Eine Stunde
nahm sich Olaf Scholz (SPD) beim Bürgerdialog Zeit, um auf einer Bühne Fragen zu
beantworten. Dabei gab sich der Hanseat unhanseatisch locker. "Ich war schon
da", rief er dazwischen, als sich eine Fragestellerin mit der Bemerkung
vorstellte, sie komme aus Bielefeld - "ja, die Stadt, die es wirklich gibt". Was
die Frau dann ausführte, fand Scholz offenbar gut, jedenfalls meinte er: "Ich
werde Ihren Beitrag vielleicht noch mal im Bundestag verwenden, wenn Sie mir das
gestatten."

Weniger Verständnis zeigte Scholz dagegen für einen Fragesteller, der die
Behauptung aufstellte, man könne immer weniger frei seine Meinung sagen. Das
gelte für Deutschland nicht, hielt ihm der Kanzler entgegen. "In Deutschland
kann man frei seine Meinung sagen. Insbesondere kann man frei sagen, man kann ja
nicht frei seine Meinung sagen." Ob man nun Currywurst esse oder nicht, ob man
gendere oder nicht - das könne jeder offen von sich geben.

Was Scholz dann auch gleich für sich selbst in Anspruch nahm: "Die Debatte
über Gendern oder Nicht-Gendern kann ich schon nicht mehr hören. Soll es doch
jeder machen, wie er es selbst will." Wer diesen Bürgerdialog verpasste, hat am
Sonntag eine weitere Möglichkeit, um mit dem Kanzler ins Gespräch zu kommen.
Auch zahlreiche seiner Kabinettsmitglieder wie Wirtschaftsminister Robert
Habeck, Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne), Justizminister Marco Buschmann
(FDP) oder Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) wollen sich den Fragen der
Bürger stellen.

Das Regierungsviertel bot am Freitag einen ungewohnten Anblick: Auf dem
weitläufigen Areal an der Spree rund um das Bundeskanzleramt und das
Paul-Löbe-Haus des Bundestags standen kleinere und größere Zelte. Dort stellen
noch bis zum Sonntag Hilfsorganisationen, Gewerkschaften oder gemeinnützige
Einrichtungen ihre Arbeit vor. Die Bundesregierung ist mit größeren Ständen
vertreten und informiert über ihre Arbeit. Es geht jedoch nicht nur um ernste
Politik. So bietet das auch für den Sport zuständige Innenressort einen
Kickertisch, beim Familienministerium können T-Shirts selbst gedruckt werden und
beim Finanzministerium dreht sich ein Glücksrad - um zu erfahren, was der
Begriff Inflation bedeutet.

Ein elfjähriges Mädchen aus Baden-Württemberg wedelte am Freitag stolz mit
seinem "Diplomatenpass", den das Auswärtige Amt samt Stempeln für Reisen nach
Brasilien, Australien und Frankreich ausgestellt hatte. Beliebtes Selfie-Motiv
war die lebensgroße Figur "Freddi, der Familienadler", die durch die Reihen
watschelte. Und die "Lucky Cops", eine mobile Band der Bundespolizei Hannover,
unterhielt mit schwungvoller Musik, während Gäste bei Sonnenschein und
Sommerwärme in Liegestühlen chillten. Zum Abschluss am Sonntagabend sollen
Deutschlands letzte ESC-Gewinnerin Lena Meyer-Landrut und die Band Die
Fantastischen Vier auftreten.

So hat das Demokratiefest zur Feier des Grundgesetzes ein wenig Volksfest-
und Open-Air-Charakter. An diesem Samstag soll dann nicht nur in Berlin, sondern
auch am alten Regierungssitz Bonn an die Verkündung der Verfassung vor 75 Jahren
erinnert werden. Dort wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seinen
zweiten Amtssitz, die Villa Hammerschmidt, für das Publikum öffnen. Am
Sonntagnachmittag will er dann mit einem Polit-Promi das Demokratiefest in
Berlin besuchen - mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, der an diesem
Tag seinen Staatsbesuch in Deutschland beginnt./sk/DP/ngu

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