16.05.2024 12:10:11 - dpa-AFX: VERMISCHTES: Astronomen erwarten weiter starke Sonnenstürme

BERLIN (dpa-AFX) - Derzeit brodelt es auf der Sonne. Während
Satellitenbetreiber noch dabei sind, die Folgen der großen Sonnenstürme des
vergangenen Wochenendes im Detail zu analysieren, folgte bereits eine noch
größere Eruption aus derselben riesigen Sonnenfleckgruppe namens AR 3664. Die
Sonne hat sich inzwischen jedoch weitergedreht und AR 3664 ist etwas zur Seite
gerückt, so dass aus Astronomensicht bei Ausbrüchen höchstens nur noch ein Teil
des ausgeworfenen Sonnenmaterials die Erde treffen sollte.

Auch die Raumfahrer auf der Raumstation ISS können von Sonnenstürmen
betroffen sein. "Die Entscheidung, ob die Crew der ISS während eines
Sonnensturms in einen Schutzbereich gehen muss, hängt von der Stärke des
Sonnensturms sowie der potenziellen Strahlenbelastung für die Crew ab", sagte
Esa-Astronaut Alexander Gerst der Deutschen Presse-Agentur. Bei dem Sonnensturm
vom Wochenende bestand der Nasa zufolge keine direkte Gefahr für die ISS-Crew.

Astronomen rechnen mit weiteren Eruptionen

Die Aktivität der Sonne schwankt in einem etwa elfjährigen Zyklus. Der
aktuelle Zyklus hat gerade sein Maximum - ein solches dauert ein paar Jahre, in
denen es stets relativ viele Sonneneruptionen gibt. "Am Dienstag haben wir die
bislang stärkste Eruption des ganzen Zyklus gesehen", sagte Sami Solanki vom
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen. Ob die Spitze des
derzeitigen Maximums nun schon erreicht sei, lasse sich nicht sagen.

Der aktuelle Sonnenzyklus sei bereits etwas stärker als der vorherige,
erläuterte der Astronom Volker Bothmer von der Universität Göttingen. Er
schätzt, dass das Maximum noch etwa zwei Jahre andauert und dann abfällt. Ob die
Aktivität noch stärker werde oder nicht, könne er nicht vorhersagen. Die Zahl
der Sonnenflecken ist nach Noaa-Daten derzeit zumindest noch längst nicht so
hoch wie bei der Spitze der Maxima etwa Ende der 1950er- und Anfang der
2000er-Jahre.

Sonnenstürme der letzten Tage hatten Folgen

Bei der großen Eruption vom Dienstag ist nach Angaben des
Weltraumwetter-Vorhersagezentrums (SWPC) der US-Atmosphärenbehörde Noaa auch der
bisher stärksten Flare - eine Art riesiger Lichtblitz - des derzeitigen
Sonnenzyklus entstanden. Seine Strahlung habe zu Ausfällen von
Hochfrequenz-Funksignalen in Gesamtamerika geführt. Amateurfunker, Flieger und
Seefahrer könnten einen plötzlichen Signalverlust bei hohen Frequenzen bemerkt
haben. Geomagnetische Auswirkungen wie Polarlichter galten als unwahrscheinlich.

Der große Sonnensturm des vergangenen Wochenendes wiederum hat nicht nur
farbenfrohe Polarlichter in zahlreichen Regionen weltweit verursacht, sondern
auch Funktionsstörungen von mehreren Satelliten, etwa bei der europäischen
Raumfahrtbehörde Esa. "Es sind auch Esa-Satelliten betroffen, aber wir sammeln
noch Daten", bestätigte eine Esa-Sprecherin. Einige Satelliten in der
Erdumlaufbahn seien durch die Veränderung des atmosphärischen Luftwiderstands,
der immer auf sie wirke, leicht vom Kurs abgekommen, sagte sie. Kurskorrekturen
sollen sie nun wieder auf ihre Bahnen bringen.

Mehrere Landwirte in Nordamerika klagten über einen Ausfall des
satellitengestützten US-Navigationssystem GPS, wie unter anderem die "New York
Times" berichtete. Sie mussten demnach ihre Aussaat unterbrechen, da sie das
System bei ihrer Arbeit auf den Feldern nutzen. Nach einem Bericht des Magazins
"Nature" waren auch Internetverbindungen von Starlink vorübergehend
beeinträchtigt, das zum Raumfahrtunternehmen SpaceX gehört und tausende
Satelliten hat. Die Instrumente des "Chandra"-Röntgenobservatoriums der
US-Raumfahrtbehörde Nasa seien vorübergehend verstaut worden, um sie zu
schützen. Es umkreist die Erde und beobachtet das All.

Trifft es nun den Mars?

Auch wenn die Sonnenfleckgruppe AR 3664 von der Erde aus gesehen hinter der
Sonne verschwindet, können Astronomen sie weiter analysieren. Die Raumsonde
"Solar Orbiter" umkreise die Sonne und beobachte sie aus anderen Richtungen als
von der Erde, sagte Solanki, dessen Institut daran beteiligt ist. Forscher
erwarten, dass demnächst ein koronaler Massenauswurf auf den Mars prallen
könnte, sagte Shannon Curry, Planetenwissenschaftlerin an der Universität von
Colorado Boulder, dem Magazin "Nature"./hu/DP/men

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