21.05.2024 15:49:04 - dpa-AFX: POLITIK: Israels Botschafter erinnert Deutschland an Staatsräson

BERLIN (dpa-AFX) - Israels Botschafter Ron Prosor hat den Antrag des
Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) auf Haftbefehle
gegen seinen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister
Joav Galant als "Unverschämtheit" bezeichnet. Zugleich forderte er Deutschland
auf, sich klar davon zu distanzieren. "Jetzt steht die Staatsräson auf dem
Prüfstand ? ohne Wenn und Aber", erklärte Prosor am Dienstag. Er kritisierte
"die wachsweichen Statements", die bisher "von einigen Institutionen und
politischen Akteuren" zu hören gewesen seien. "Die Aussage, Israel habe das
Recht auf Selbstverteidigung, verliert an Glaubwürdigkeit, wenn man uns die
Hände fesselt, sobald wir davon Gebrauch machen."

Prosor warf dem Chefankläger Karim Khan vor allem vor, die israelische
Regierung mit der Hamas gleichzusetzen. Khan hatte gleichzeitig mit seinen
Anträgen zu Netanjahu und Galant auch Haftbefehle gegen die Hamas-Führung
beantragt. "Damit dämonisiert und delegitimiert er Israel und das jüdische Volk.
Er hat seinen moralischen Kompass völlig verloren. Deutschland hat die
Verantwortung, diesen Kompass wieder auszurichten", forderte Prosor. "Diese
schändliche politische Kampagne könnte zum Sargnagel für den Westen und seine
Institutionen werden. Lassen Sie es nicht dazu kommen!"

Die Bundesregierung hat die Sicherheit Israels zur Staatsräson erklärt,
unterstützt aber gleichzeitig den Internationalen Strafgerichtshof als
"elementare Errungenschaft der Weltgemeinschaft". Das Auswärtigen Amts hatte
daher in einer ersten Reaktion auf die Beantragung der Haftbefehle erklärt, dass
Deutschland die Unabhängigkeit und die Verfahrensabläufe des Internationalen
Strafgerichtshofs respektiere. Allerdings kritisierte das Ministerium auch, dass
durch die gleichzeitige Beantragung von Haftbefehlen gegen die Hamas-Führung
"der unzutreffende Eindruck einer Gleichsetzung entstanden" sei.

Der CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter hatte das Vorgehen des
Chefanklägers dagegen als "heftigen politischen Skandal" bezeichnet. Der
demokratisch legitimierte Regierungschef Israels werde "behandelt wie der
Kriegsverbrecher und Aggressor Putin", sagte er der "Bild" und forderte die
Bundesregierung auf, "als Mitglied des IStGH Protest einzulegen und Netanjahu zu
politischen Gesprächen nach Deutschland einzuladen"./mfi/DP/ngu

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