27.06.2024 18:00:14 - dpa-AFX: ROUNDUP: Kontroverse im Bundestag um teure Maskenkäufe

BERLIN (dpa-AFX) - Drohende Milliardenrisiken für den Bund infolge von
Maskenkäufen zu Beginn der Corona-Krise haben eine Kontroverse im Bundestag
ausgelöst. Die Ampel-Koalition forderte am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde
weitere Aufklärung. "Der Einsatz von Steuergeldern in Milliardenhöhe für windige
Verträge muss aufgearbeitet werden", sagte Grünen-Fraktionsvize Andreas
Audretsch. Er sprach von "einem der größten Steuerverschwendungsskandale". Der
damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rechtfertigte das Vorgehen von
2020: "Wir mussten in der Not entscheiden." Er hielt insbesondere den Grünen
maßlose Vorwürfe vor.

Der FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein sagte, es gehe jetzt darum, Risiken aus einer Überbeschaffung zu minimieren, die in Verantwortung der CDU entstanden
seien. "Für uns geht es darum, daraus zu lernen für die Zukunft." Deshalb
brauche es eine Enquete-Kommission. SPD-Gesundheitsexpertin Heike Baehrens
sagte, es müsse aufgeklärt werden, etwa ob laxe Regeln zu Goldgräberstimmung
geführt und dazu eingeladen hätten, sich zu bereichern. "Das ist doch wohl
selbstverständlich." Es gelte aber die Unschuldsvermutung bis zum Abschluss der
Untersuchungen.

Aus schwelenden Streitfällen um Masken-Lieferungen sind noch in etwa 100
Fällen Klagen mit einem Streitwert von insgesamt 2,3 Milliarden Euro erhoben,
wie das Bundesgesundheitsministerium mitgeteilt hatte. Dabei geht es um Verträge
zu Beginn der Pandemie 2020, als Masken knapp, aber dringend benötigt waren. Um
schneller Masken für das Gesundheitswesen zu bekommen, hatte das Ministerium ein
besonderes Verfahren angewendet. Dabei kamen Lieferverträge ohne weitere
Verhandlungen zu festen Preisen zustande. Vielfach verweigerte das Ressort
später die Bezahlung und machte Qualitätsmängel geltend. Daraufhin klagten
Lieferanten.

Redner der Union nahmen den damaligen Minister in Schutz. Spahn meldete sich zum Schluss der Debatte zu Wort. Er erinnerte an die erste Corona-Welle im
Frühjahr 2020. Der größte Exporteur China habe auf einmal nicht mehr exportiert.
"Es ging um Menschenleben", sagte Spahn. Die Maskenbeschaffung sei teuer und
chaotisch gewesen, so sei es allen Ländern gegangen. "Ja, mit dem Wissen von
heute würde ich manche Entscheidung anders treffen." Das damalige Verfahren
könne er nicht empfehlen. Er hielt den Grünen vor, "maßlos in ihrem Furor" zu
sein. "Sie machen das Geschäft der Corona-Leugner und sind sich dessen nicht mal
bewusst."

Spahn sagte, man habe nach der Devise gehandelt: "Haben ist besser als
brauchen." Der heutige Kanzler Olaf Scholz (SPD) sei als Finanzminister auch
eingebunden gewesen und habe zu Recht das Geld zur Verfügung gestellt, wofür er
dankbar sei. "Glauben Sie eigentlich, der Gesundheitsminister kann alleine über
diese Summen verfügen?", fragte Spahn. Er habe das Thema auch mehrfach im
Haushaltsausschuss detailliert dargelegt.

Masken, die in schlechter Qualität angeliefert worden seien, habe man damals nicht angenommen, erläuterte Spahn. Dagegen klagten Lieferanten, was ist ihr
gutes Recht sei. "Hätten wir die zwei Milliarden zahlen sollen für Masken
schlechter Qualität? Das wäre Schaden für den Steuerzahler gewesen." Spahn
betonte, man solle die Pandemie aufarbeiten. Er wünsche sich, dass dies nicht in
parteipolitischem Klein-Klein ende und so breit geschehe, wie die Corona-Politik
getragen worden sei./sam/hoe/DP/jha

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